Ich sitze auf dem Rand der Badewanne, gerade dabei mich selbst zu befriedigen, weil ich den Schmerz und den Druck, der von Zeit zu Zeit in mir anflutet noch immer nicht anders lösen kann, als mir mit Gewalt einen Orgasmus zu verschaffen.
Trigger.
Autopilot.
Vor dem Orgasmus geht gar nichts mehr.
Ein anderes Ziel lässt mein Kopf nicht mehr zu.
Der Weg dorthin ist völlig egal.
Aufhören geht nicht.
Es geht nicht darum Sexualität zu erleben.
Alles worum es geht, ist den verdammten Schmerz und Verzweiflungsdruck, der in Wellen innerer Leere mündet zu beenden.
So schnell wie möglich.
Es ist nicht angenehm.
Es ist purer Stress.
In der Regel sacke ich nach dem Orgasmus dann in mir zusammen.
Tränen rinnen über mein Gesicht.
Die Anspannung fällt ab.
Der Trancezustand geht zurück.
Langsam werden wieder andere Gedanken zum und über das Leben und den Alltag möglich, ehe ich mich aufrapple und beginne wieder zu funktionieren.
Meiner Seele sitzen die dreckigen Forderungen Ihrer Folterer noch immer im Nacken.
Vorbei war es all zu oft erst, wenn der Orgasmus passiert ist.
Das Ende der Qualen, wurde zu häufig an diese Forderung geknüpft.
Was davon übrig geblieben ist, ist das Grundgerüst als Überlebensmechanismus.
Anforderung/Trigger –> Druck/Angst/Überforderung –> Dem Druck und der Angst (wobei ich diese in der Situation oft gar nicht bewusst wahrnehme, weil nur noch der Drang den Druck zu beenden spürbar ist) irgendwie entkommen müssen, weil er nicht mehr auszuhalten ist –> Selbstbefriedigung mit Orgasmus –> Druck und Angst lässt (zumindest kurzfristig) nach.
Manchmal erlebe ich den Druck auch, wenn Erinnerungen nach oben kommen. Die Seele denkt sich wohl: „Lieber mache ich es selbst, als es gleich erneut erleben zu müssen.“ Tatsächlich lassen sich unsere Erinnerungsbilder damit manchmal kurzzeitig nochmal unterdrücken.
Statt Angst, ohnmächtiger Verzweiflung, Schrecken und Scham erlebe ich dann Lust.
Lange Zeit haben wir damit gehadert, wie wir bei den ganzen Schrecklichkeiten überhaupt noch an Lust denken können.
Heute denke ich, es ist das gute Recht jedes Körpers sich die Folter so angenehm wie möglich zu gestalten.
Dadurch ist es nicht weniger Folter, aber es gibt die Chance sie zu überleben.
Ich habe eine Weile mit traumatisierten jugendlichen Mädchen gearbeitet. Eine von ihnen, die selbst im Kindesalter missbraucht wurde, hatte Geschlechtsverkehr mit beinahe jedem Mann, der ihr begegnete. Ich habe eine Weile gebraucht um das zu verstehen. Für sie war das Schutz und Selbstbestimmung, denn wenn sie sich überall anbot, konnte sie niemand gegen ihren Willen nehmen. Ich finde es mutig, dass du auch darüber schreibst. Und es hat nichts obszönes, weil man versteht, was dahinter steckt.
Danke für die Rückmeldung! 🙂
Ja, es geht wohl auch darum, das letzte Gefühl davon, derartige Situationen irgendwie kontrollieren zu können, zu behalten und die Ohnmacht, die man eigentlich erlebt über das eigene Verhalten ausblenden zu können.
Wir haben lange mit dem Beitrag gehadert, fanden es aber einfach wichtig auch darüber zu schreiben und daraus kein Tabuthema zu machen, weil ähnliches viele Opfer von sexueller Gewalt erleben. Die Scham und die Schuld damit alleine zu sein und uns nicht mal in der Therapie davon erzählen zu trauen, fanden wir für uns zusätzlich lange Zeit schlimm. Für uns war es entlastend als wir uns irgendwann getraut haben zu reden, über die Erklärungen der Therapeutin verstehen zu dürfen, dass das im Grunde eine ganz „normale“ Bewältigungsreaktion auf derartige traumatische Erfahrungen ist, für die Betroffene nichts können und für die man sich nicht schämen muss.
Nein, dafür müsst ihr euch sicher nicht schämen. Aber es ist trotzdem nicht so leicht darüber zu reden, kann ich mir vorstellen. Umso schöner, dass ihr euch getraut habt und womöglich Anderen dabei helfen könnt sich zu öffnen.
Alles Liebe 🙂
Das wäre natürlich schön! 🙂
Dir auch alles Liebe!
Danke das du Worte gefunden hast und diesen Beitrag mit uns teilst. Ich verhalte mich exakt genauso aus den selben Motiven. Und ich empfinde es gerade als Erleichterung und Anlass mich weniger beschämt zu fühlen, wenn ich deinen Text lese. Danke! Viele Grüße Lebend
Danke, dass ihr über dieses Thema schreibt. Es gibt uns das Gefühl mit genau solchen Dingen nicht alleine zu sein und zu denken wir wären völlig verrückt.
Wir kennen das in ähnlicher Form…. bei uns ist es innen jemand der es aber tut um die andern zu triggern und ihnen flashbacks zu schicken… geredet haben wir noch mit keinem drüber obwohl wir tolle Helfer haben. Aber jetzt wo ihr drüber schreibt haben wir vielleicht den Mut dazu es doch mal anzusprechen. WIr haben nur Angst dass die uns für völlig verrückt halten.
Wir lesen eure Beiträge immer gerne, denn sie geben Halt.
Vielen dank dafür.
KatastroFee
Im ersten Augenblick wollte ich deinen Beitrag nicht lesen – aus Scham. Und nun bin ich froh, deine Worte machen so viel Sinn! Und beschreiben eine Realtiät, die ich kenne!
Danke!
Vielen Dank für euere Rückmeldungen liebe KatastroFee und zwischendenanderen!
Wir freuen uns, wenn der Beitrag euch Mut macht und hilft mit dem Thema umzugehen.
Die Scham kenne ich gut, obwohl man sie ja eigentlich nicht haben müsste, sondern die Täter…!
Das bewusst getriggert werden sollen durch eine Innenperson kennen wir auch. Vor oder nach solchen Momenten hilft es uns die Frage zu stellen, welche drohende noch schlimmere Katastrophe durch diese Art der Selbstverletzung verhindert werden sollte. Was wäre passiert/ hätte passieren können, wenn die anderen keine Flashbacks bekommen hätten? Letztlich soll ja mit der scheinbar destruktivsten Handlung trotzdem das Überleben gesichert werden…
Wir drücken euch die Daumen, dass ihr positive Erfahrungen macht, wenn ihr mit eueren HelferInnen darüber sprecht und dass sich der Mut lohnt! 🙂
Wenn ihr schreibt, dass ihr tolle Helfer habt, kann ich mir gut vorstellen, dass die auch damit verständnisvoll umgehen.
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende!
Sofie und die bunten Schmetterlinge
Oh Sofie, ihr seit so mutig das zu schreiben. Wir können darüber nicht reden, auch nicht in Therapie. Schämen uns so sehr, dass wir so Ekel-Sachen tun. Unsere Reaktionen auf diesen Beitrag: Oh Gott, ich bin nicht verrückt, es ist also doch passiert, bei uns ist es auch so, Erleichterung, Trauer, Dankbarkeit zu erfahren, dass es nicht nur uns so geht, Das Licht: wir sind nicht bösartig, es ist nicht unsere Schuld, können nichts dafür…
Wir hören bei solchen Selbstverletzungen die Täterintrojekte und welche, die das toll finden, aber auch welche, die weinen oder die Täterintrojekte abwehren wollen. Oft wird es immer wieder wiederholt, mehrfach täglich, oder Tage lang.
Ich fühle mich hinterher so elend und schuldig, als würde ich diese armen Wesen in mir quälen, als wäre ich ein Monster, weil die so elendig weinen hinterher und wir beinahe zusammen brechen, oder Erstarren und nicht mehr Reden können oder sonst etwas. Manchmal dauert es sogar Tage, bis wir uns nicht mehr mit Trink-Entzug oder Entwertung bestrafen und wieder normal funktionieren. Wir erlauben es niemanden gut von uns zu reden, oder auch nur nett zu uns zu sein, weil wir glauben, wir verdienen es nicht mal zu leben…
Es ist diese Lust auf die Qaul, die wir uns nicht verzeihen können. Eine Lust des Körpers, so bald diese Schreckens Bilder auftauchen, oder auch nur die Gedanken dazu. Hass entsteht auf diese Organ, dass wir haben…
Und beginnen tut es wie bei euch, mit Stress, Druck, Schmerz oder Flashbacks…