Die Zeit zwischen den Stunden

Heute vormittag hatten wir eine sehr anstrengende Therapiestunde. Wir konnten viel besprechen und uns Teile einer Erinnerung ansehen. Das hat ein Stück erleichtert. Dennoch kostet es Kraft.
Nach solchen Einheiten ist es uns wichtig auch nach der Therapie genug Raum zu haben, um mit uns in Kontakt bleiben zu können. Die Arbeit hört nicht auf, wenn wir die Praxis der Therapeutin verlassen. Im Gegenteil. Viele wichtige Prozesse beginnen genau jetzt im System zu wirken. Meistens haben wir dann das Bedürfnis uns zunächst sicher zurückzuziehen. So können wir die vielen Eindrücke oft am Besten verarbeiten. Manchmal trinken wir auch vor Ort noch einen Kaffee, wenn wir es brauchen, um uns zu orientieren und sicher Autofahren zu können. Besonders wichtig ist uns in der Nachwirkungszeit, dass wir uns gut versorgen. Dazu gehört beispielsweise darauf zu achten ausreichend zu trinken und auch vernünftig zu essen. Das beugt zum einen Heißhungerattacken vor, die wiederum schwieriges auslösen würden und zum anderen braucht unser Körper einfach wichtige Nährstoffe für die Leistung, die er bei der Verarbeitung bringen muss. Essen wir direkt nach der Therapiestunde zu viel Süßes, haben wir festgestellt, dass wir damit den Heilungsprozess ein Stück unterbrechen. Gefühle lassen sich für uns damit nochmals wegdrücken. Das hilft auf der einen Seite zwar super gegen den Schmerz, verhindert aber auch, dass er realisiert und damit letztlich verarbeitet werden kann. Wir verbieten uns den Zucker nicht grundsätzlich, weil das zu nichts führt. Spätestens am Abend habe ich dann den unwiderstehlichen Drang mir ein ganzes Süßigkeitenregal einzuverleiben. Ein Rippchen Schokolade oder ein Stück Kuchen sind zum Kaffe nach der Therapie deshalb völlig ok. Aber dabei sollte es auch bleiben.

Bei den Kleinen war nach der Therapie heute der Wunsch da Pizza selbst zu machen. Dem bin ich gerne nachgekommen. Den Pizzateig haben wir uns fertig gekauft. Für den Belag wählten wir Zutaten, die uns möglichst allen schmecken und schnippelten sie gemeinsam klein. Auf der Pizza haben wir verschiedene Zonen eingerichtet, die jeweils unterschiedlich belegt waren. Als Große tat mir die gemeinsame Aktivität gut, weil ich mich und die Anderen weiter spüren konnte. Das half mir auch mit dem Schmerz durch Erinnerungen umzugehen und orientiert zu bleiben. Für die Kleinen war der Kontakt ein Stück Trost und gesehen werden. Insgesamt war es einfach schön gemeinsam für unser Essen zu sorgen und dabei Spaß zu haben.
Mit ein bisschen frischer Luft und Sonne auf dem Balkon war der Nachmittag schnell vorüber.

Bis zur nächsten Therapiestunde dauert es nun sieben Tage. Zeit, in der wir im innen intensiv damit beschäftigt sind Dinge nachzubereiten und die neuen Themen vorzubereiten, an denen wir mit unserer Therapeutin anknüpfen wollen. Zu der intensiven Beschäftigung gehören übrigens auch (Denk-)Pausen. 😉 Was wir in der Zwischenzeit nicht machen, ist nach Erinnerungen zu bohren. Wir gehen mit dem um, was auftaucht. Für direkte Arbeit nutzen wir die Therapiestunde. Mit professioneller Begleitung sind wir besser abgesichert, das hochkommende Material auch halten zu können.
In unserem Bullet Journal gibt es eine eigene Rubrik, in der wir alle wichtigen Eindrücke und inneren Vorgänge der Woche kurz festhalten. Das verschafft uns einen Überblick, ob etwas anderes angetriggert oder problematische Erinnerungen oder Programme ausgelöst wurden. Beispielsweise haben wir auf diese Art herausgefunden, dass eine bestimmte eigentlich normale Frage am Anfang der Therapiestunde bei uns dazu führt, dass wir keinen Zugang mehr nach innen haben und plötzlich alles gut scheint. Der Zusammenhang wäre uns so schnell wahrscheinlich nicht bewusst aufgefallen, wenn wir nicht die Wochen schwarz auf weiß hätten vergleichen können.
Aber auch schöne Momente werden erwähnt oder wenn etwas besonders gut klappt. Später können wir sie dann einfach nachlesen und uns daran freuen. Erfolge werden so ebenfalls gewürdigt und sichtbar.
Grundsätzlich will ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir gut darauf achten, nichts aufzuschreiben, was jemand innen nicht niederschreiben möchte. Das muss auch respektiert werden. Wenn es mal wirklich wichtig sein sollte, sprechen wir in Ruhe darüber.

Ansonsten ist uns aufgefallen, dass es für uns sehr viel leichter ist die Zeit zwischen den Stunden zu überstehen, seit wir sie als zur Therapie gehörig betrachten und sie dementsprechend strukturieren. Auf diese Weise ist es kein Warten mehr, bis mit der Therapeutin endlich wieder etwas weiter geht, sondern wir lernen uns auch zwischen den Stunden kennen und machen praktisch täglich ein bisschen Arbeit für uns und das nächste Treffen mit unserer Helferin. Es ist nicht mehr Therapie mit der übergoßen Lücke in der Zeit bis zum nächsten Mal, sondern Therapie und der dazugehörige therapeutische Prozess in den Zwischenzeiten. Die Elemente gehören zusammen.

Und ab und zu ist es natürlich auch einfach wichtig, sich entspannt zurück zu lehnen, die Dinge für den Moment einfach so stehen zu lassen, abzuwarten und Tee zu trinken. 😉
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23 Kommentare zu “Die Zeit zwischen den Stunden

  1. Hallo, ich erlebe das sehr ähnlich wie Du… manchmal ist die Zeit zwischen den Stunden unerträglich lang – am Abstellgleis irgendwie. Oft kann ich sie gut nutzen: Die letzte Stunde durchbesprechen (innen) und einsammeln, wer was gut fand, wer was problematisch fand. Hier in der Klinik tracke ich meine Zeit sehr eng (wegen so vieler Blackouts) – und da zeigt sich, dass ich pro Therapiestunde 4-6 Stunden Nachbearbeitung / Vorbereitung fürs nächste Mal brauche. Das ist echt zeitaufwendig! … aber der einzige Weg für mich, dass möglichst mehrere aus ∑ich am Prozess beteiligt sein können. Alles Liebe, s.

    • Ja, so empfinden wir das auch. Die 4-6 Stunden Vor- und Nachbereitungszeit brauchen ja meistens auch noch etwas Vorlauf und Zeit sich im Innen zu setzen. Auch das Bullet Journal will gepflegt werden. Für uns ist das ja noch ganz neu. Wir brauchen doch einige Zeit um uns die Dinge vorzuzeichnen, die wir beherzigen wollen und das dann auch auszufüllen. Mit all den Sachen ist man insgesamt schon ganz gut die Woche über beschäftigt.
      Danke dir, dass wir an deiner Erfahrung teilhaben durften! Finden wir gerade sehr interessant, dass es euch da ähnlich ergeht.

      Ebenfalls alles Liebe,
      Sofie 🙂

  2. Ich finde es sehr inspirierend zu lesen, was Ihr schon alles entdeckt habt, um Euch etwas Gutes zu tun!
    Ich kenne diese kräftezerrenden Therapiestunden auch zu gut und bin sehr bei Euch, mit dem, was ihr hier schreibt. Es ist immer so rührend, wie fürsorglich Ihr zueinander seid und geradezu ansteckend!
    Sehr interessant finde ich auch Deine Gedanken zu der Zeit zwischen den Therapiestunden, denn diese fällt mir mitunter am schwersten. Es als ein Bestandteil und nicht als etwas von der Therapie Getrenntes zu sehen, ist sehr tröstend. Bislang gab es für mich „ich bin in der Therapie, alles ist gut“ und „ich muss die Zeit dazwischen überstehen“. Seit ich hier darüber lesen durfte, verändert sich diese Sichtweise und beides fügt sich mehr zusammen.

    Danke, Ihr Lieben ❤

    • Wir versuchen es zumindest. Immer klappt das auch nicht. 😉
      Das mit der Zeit zwischen den Stunden ging mir lange sehr ähnlich wie dir. Das hat sich erst in letzter Zeit durch die neu entstandene Sichtweise geändert.

      Danke dir für dein Rückmeldung!

      Sei ganz lieb gegrüßt! 😊

  3. Genau das was ihr beschreibt ist es, was Menschen im Umfeld häufig nicht nachvollziehen können, die nicht in Therapie sind. Häufig wird das nicht mit der Arbeit ansich verbunden oder viele denken auch, man quatscht ein bisschen und alles ist doch gut. Auch die Phasen dazwischen, die ganzen Prozesse, das habt ihr wunderbar beschrieben! Ganz liebe Grüße und schön, dass ihr anscheinend eine gute Therapeutin an Eurer Seite habt!

  4. Wow, ihr macht das so toll. Sofie, ihr seit mir so langsam aber sicher ein Vorbild…
    Bei uns geht es nach der Therapie oft erst richtig los. Es kommt so viel hoch, dass ich richtig viel tun muss um das abzubremsen, weil es einfach zu viel ist und nicht mehr tragbar. Malen tut dann echt gut…
    Es ist in der Tat harte Arbeit und das gerade außerhalb der Therapie, weil man da auf sich allein gestellt ist, keine Hilfestellung hat. Das gelernte umzusetzen ist oft auch nicht einfach.
    Ein mal die Woche Therapie-Sitzung ist uns aber echt zu wenig, meistens jedenfalls. Wir wissen gar nicht was wir zuerst besprechen sollen und erzählen meist so schnell es geht von den heftigstem der Woche. Zum Bearbeiten ist oft kaum Zeit, es liegt schon so viel in der Warteschlange. Leider geht es nicht öfters, die Thera ist ausgelastet und wir können es finanziell nicht tragen… Dabei wäre es echt nötig.
    Macht weiter weiter so, es liest sich wirklich wunderbar.

    • Danke dir! 😊
      Alles klappt bei uns aber auch nicht.
      Einmal die Woche ist hart, das stellen wir auch immer wieder fest. Es ist traurig, dass es da keine besseren Möglichkeiten gibt. Eigentlich müsste das ja die Kasse tragen… Ist ja notwendige Behandlung. 🙄

      Ganz liebe Grüße,
      Sofie 😊

      • Ja, stimmt, aber ohne Eintrag im Arztregister übernimmt meine Kasse die Kosten nicht und es gibt sonst keine freien Plätze bei DIS Therapeuten.
        Es war schon echter Gottes Segen diese tolle Thera zu bekommen. Sie ist Dipl. Psychologien und hat bei M.Huber gelernt und diversen anderen Spezialisten.
        Sie ist aus Hamburg her gezogen und hatte zu dem Zeitpunkt als ich suchte noch ein Platz frei. Jetzt ist sie voll ausgebucht, keine Zusatz Termine mehr drin.
        Es ist wirklich hart! Ansich müsste ich klagen oder so, damit die Kasse zahlt, aber dazu fehlt mir jede Kraft. Ist schon ein Kampf auch nur für mich zu kochen oder so….
        Dir auch liebe Grüße

      • Wenn sie dir keine andere DIS-Therapeutin bieten können, müssten sie die Kosten dennoch übernehmen. Da wäre das Recht auf deiner Seite. Grundsätzlich steht dir das zu und darf nicht vom Arztregistereintrag abhängig sein. Wahrscheinlich kostet es aber, wie du auch schon schreibst, viel Zeit und Nerven das im Ernstfall auch gerichtlich durchzusetzen…
        Darüber könnte ich mich immer so aufregen. Es ist eine Frechheit, wie hier mit den Betroffenen umgegangen wird. Man schickt doch jemand mit einem komplizierten Beinbruch auch nicht zum Handchirurgen, nur weil der auch mal was von Medizin gehört hat.

        Liebe Grüße,
        Sofie

      • Ja, mich regt es auch sehr auf. Geld sparen um jeden Preis, auch den Preis eines Menschen Lebens… Ist denen egal…
        Ja, wahrscheinlich kriegt man das gerichtlich durch, wenn man die Kraft hat. Fehlt uns aber zur Zeit total. Leider. Vielleicht geht es ja bald oder so…

      • Nun, scheinbar ist das Recht nicht auf unserer Seite. Es sei gesetzlich geregelt, dass die Kostenerstattung nicht für Therapeuten ohne Arztregister Eintrag gilt, sagt meine Krankenkasse. Ich soll in eine Akutklinik, wenn es dringend ist, die Kosten dürfen sie bei Heilpraktikern nicht übernehmen. Aber freie DIS -Therapeuten können sie mir leider auch nicht nennen!
        Es ist zum Haare raufen!

      • Doch das dürfen sie!
        Im Sozialgesetzbuch steht, dass die Kassen dazu verpflichtet sind die Kosten zu übernehmen, wenn sie keinen zugelassenen adequaten Behandler zu bieten haben. Kann deine Therapeutin eine gleichwertige Versorgung, wie ein zugelassener Traumaspezialist bieten, bist du im Recht. Das behaupten die Kassen gerne anders. Stimmt aber nicht. Leider habe ich grade den Paragraphen nicht mehr ad hoc Griffbereit. Muss mal in meinen Unterlagen nachsehen.

      • Ich weiß, dass das gilt. Ich hatte den Fall mal mit einem HP für Psychologie und da war das Recht eindeutig. Außerdem hab ich erst vor kurzem in eigener Sache mit meiner Krankenkassen gesprochen, als ich eine Thera gesucht haben und da war zwar die Frage nach dem Arztregister Eintrag, da sagt mir die Dame, dass es dann schwieriger ist und für meinen Einzelfall geprüft werden müsste. Aber schwieriger ist ja nicht unmöglich. Bin auch nur gesetzlich versichert.

      • Vielleicht liegt es also nur an meiner Kasse. Vielleicht wäre ein Kassenwechsel sinnvoll, um eben nicht kämpfen zu müssen?
        Bei meiner hab ich sogar die Sozio-Therapeutin mit denen sprechen lassen, weil ich da regelrecht wechsel bei der Wut die aufkommt. Die sagten ihr das selbe wie mir und was ich hier bereit schrieb: nicht möglich!
        Also wäre sicher gut den Paragraphen mit anzugeben…
        Auf jeden Fall vielen Dank für deine Erfahrungen.

      • Sprechen hilft da ohnehin nichts. Du musst den Antrag schriftlich stellen und auf einen ebenfalls schriftlichen einspruchsfähigen Bescheid von der KK bestehen. Dazu kannst du dann gegebenenfalls Widerspruch einlegen. Telefonieren ist im Ernstfall vergebene Liebesmüh, weil du dich auf nichts Handfestes beziehen kannst.

        Der Verband freier Psychotherapeuten sagt folgendes dazu: https://www.vfp.de/verband/verbandszeitschrift/alle-ausgaben/32-heft-03-2006/206-kostenerstattung-durch-gesetzliche-krankenkassen.html
        Vielleicht hilft dir das ja schonmal weiter.

      • Vielen lieben Dank Sofie.
        Ich werde es auf jeden Fall probieren schriftlich.
        Was mir sorgen macht ist dieser Satzt: „Zu diesen Tarifbestimmungen gehört jedoch auch, dass die GKV nur Behandlungen in den sog. „Richtlinienverfahren“ erstatten, also in psychoanalytischer, tiefenpsychologischer oder verhaltenstherapeutischer Methodik.“ Denn meine Thera hat da keine Spezialisierung, sie macht alle Formen, ohne eine bestimmte Richtung.
        Meinst du, das geht trotzdem?

      • Sie muss den Antrag dann eben auf eines dieser Verfahren ausrichten. Es ist wichtig, dass sie im Jargon eines Verfahrens beschreibt, was sie mit dir vor hat. Wie ihr das dann letztlich macht… 😉

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