Was ich an Beltane mag

Ich sitze auf dem Balkon und lausche dem zwitschern der Vögel. Meine Fingerspitzen frösteln leicht. Den Oberkörper eng in eine dicke Jacke gehüllt  blicke ich mich um. Es ist der erste Beitrag in diesem Jahr, den ich unter freiem Himmel verfasse. Ich erinnere mich an die vielen Sommerabende, an denen ich hier ein Stück meines Lebens genoss. Zart sprießen die ersten Pflänzchen. Vieles hat zu meinem Erstaunen den harten Winter in den Töpfen überlebt. Die kleinen Erdbeerpflänzchen schauen bereits eifrig über den Rand ihres Schalenzuhauses und schieben ihre Blätter der Sonne entgegen in die Höhe. Vom Himmel kommt mir ein kleines wattiges Samenetwas entgegengeschwebt. Es spielt mit dem Wind. Die Kleinen kommen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Sie freuen sich über diese Beobachtungen. „Das ist also Beltane“, denke ich. „So fühlt es sich jenseits von organisierter und ritualisierter Gewalt an.“

Noch immer haben bestimmte Daten im Jahreskreis für uns ihren alten Schrecken nicht verloren. Sie sind anstrengend, fordern uns in besonderer Weise heraus und bringen in Kontakt mit den dunkelsten Momenten in unserem Leben. Beltane gehört mit seiner mystischen Bedeutung und den zahlreichen Fruchtbarkeitsriten, die sich darum ranken, fest in den Kultkalender. In den Frühlingsnächten geschahen Jahr für Jahr grausame Dinge im Namen eines „Gottes“, der von den Menschen für die Gewaltausübung ebenso missbraucht wurde, wie die Kinder innerhalb der Gruppierung. Immer wieder ringen wir heute darum Gegengewichte zu schaffen und andere Sichtweisen zu etablieren, um auch der Ideologie etwas entgegensetzen zu können.

Die Vorstellung von Fruchtbarkeit und neuem Anfang finden wir an sich schön. Sie ist von Hoffnung geprägt. Wenn sich nach der Härte des Winters im Mai endlich wieder Leben in der Natur regt und der kahlste Baum sprießt, wird an Beltane greifbar, dass uns Mutter Erde auch in diesem Jahr wieder viele gute Früchte bringen wird. Sie trägt und hält uns. Dafür müssen wir nichts besonderes Leisten. Ihre guten Geister stützen und nähren uns. Die Sonne spendet uns Wärme. Wir können auf dem Balkon wieder in der Erde wühlen und beim Säen, Gießen und Pflegen kleine Geburtshelfer sein. Jedes kleine Blättchen bereitet uns Freude. An den Blüten der gepflanzten Gräser werden bald Bienen und Insekten naschen und die Erdbeeren dienen uns als Gärtnerproviant. 😊 Es geht um das Schöne und Helle. Nicht um Morden und Quälen. Macht entsteht nicht durch Blutbäder, sondern da, wo liebevolle Kräfte sinnvoll zusammenwirken. Wir leben. Das ist der beste Beweis. 

4 Kommentare zu “Was ich an Beltane mag

  1. Beim lesen gabs doch glatt Gänsehaut.. Denn wir spüren was das damals im heute zeigt, wir gehen gleich in den Park zu nutrias füttern, dort werden Anker ins heute geschleudert um anzukommen…

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