
Düster zieht der Nachmittag ins Land. Beim Blick durch die regennassen Scheiben fällt eine kleine Erdbeere mit ihrem leuchtenden Rot auf meine Netzhaut. Für einen kurzen Moment tilgt sie das gesamte Grau ihrer Umgebung. „Wie nett!“, denke ich. „Eine Herbstbeere.“ Auf den Balkonbrettern steht das Wasser. In den Vertiefungen plantschen Regentropfen kleine Kreise. Wir beobachten eine Zeit lang ihr hopsen. Kleine Spiegelflächen lassen Tiefe und Himmel entstehen, wo sonst nur harter Boden liegt. Die Spinnennetze scheinen derweil so viele Wasserteilchen aufzufangen, dass ihre sonstige Leichtigkeit einer schweren Zerreißprobe weicht. Jeder Luftstoß lässt es so wirken, als würden sie sich schütteln und von dem Ballast befreien, ehe sie sich erneut vollsaugen. Gräser wiegen im Wind. Irgendwann wird es heller – erst am Horizont und dann auch um uns. Sonne bricht sich ihren Raum durch die Wolken. Wer hätte das zu so später Stunde noch erwartet?
Uns fällt auf, dass in den Pfützen immer noch Regentropfen tanzen. In der Hoffnung einen Regenbogen zu erhaschen laufen wir von Fenster zu Fenster und suchen den Himmel ab. Die bunte Weltenbrücke zeigt sich nicht. Vielleicht ist sie ja über den Wolken. Der Blick dorthin ist bis auf kleine Löcher versperrt. Als wir kurz auf den nassen Balkon treten und die frische Luft atmen, rufen uns die Pflanzen Leben zu. Sie scheinen ihre Dusche zu genießen. In der Schwere des Alltags war uns vorher gar nicht aufgefallen, dass Trockenheit ihnen zusetzte. Das Problem hat der Himmel persönlich gelöst.
Lange sitzen wir da, beobachten, malen und tauchen ein in die Wunder der Natur. Die Perfektion und die Hingabe dieser Welt berührt uns. Pflanzen wachsen und vertrauen, dass letztlich alles so kommt, wie es gut ist. Bedingungslos verwoben mit dem Kosmos. So manches mal erfasst mich bei ihrem Anblick große Demut. Von Wesen, denen wir als Menschen oft ihre Beseeltheit absprechen, könnten wir für das Leben so vieles lernen. Ein Schluck vom Tee und ein Blick himmelwärts. Pflanzen für die Seele und ein Stückchen Schokolade für’s Herz.
„Mehr davon! Noch eine Geschichte!“, jubelt es in uns.
Nun sind alle wieder leise und warten ganz gespannt… ♡
😀Schön, wenn es euch so gefallen hat! Wir werden bei nächster Gelegenheit an euch denken und nochmal eine tippen.
In mir jubelt es auch – ich mag deine Wortbilder, besonders Platschnassgekritzel hat es mir angetan😊
Dankeschön! 😊
Wir waren tatsächlich innerhalb kürzester Zeit platschnass, als wir nur mal schnell die Erdbeere für den Beitrag fotografieren wollten. Es hat geschüttet wie aus Eimern.