
Wir sitzen im Zug. Neben uns rast der blaue Himmel dahin. Hin und wieder kreuzen kleine Wölkchen und Kondensstreifen unseren Blick. Je länger wir nach oben blicken, umso unklarer wird, ob wir uns bewegen oder die Umgebung um uns herum. Wind fährt in die Bäume an der Bahnstrecke. Die Blätter beginnen kurz zu winken. Wir sind unterwegs und die Welt mit uns. Hinter mir tratschen eifrig zwei alte Damen klassische Wartezimmergespräche. Offenbar ist ihnen entgangen, dass sie gar nicht beim Arzt sitzen, sondern im vollbesetzten Abteil. Aber was soll’s… Dann stehen wir plötzlich. Mitten auf der Strecke. Eine Durchsage. „Die Weiterfahrt verzögert sich entsprechend.“
Ungefähr zehn Minuten später stoppen die Stimmen der Frauen abrupt. „Oh, Gott! Warum stehen wir!? Wer kann uns helfen?“ Wir schmunzeln innerlich. Nach dem Motto „Da werden sie geholfen“ spult fast das gesamte Abteil gleichzeitig die Ansage des Zugfahrers erneut ab. Bei den vorher laut getönten gesundheitlichen Beschwerden möchte niemand zusätzlichen Stress zumuten. Der Helfer-Chor ist kaum verstummt, da geht das schrille Geplapper weiter. Als ich aussteige kenne ich die gesamte Krankengeschichte und bin bestens in der Qualität örtlicher Pflegedienste unterrichtet. Die Kategorie „unnützes Wissen“ ist damit für heute voll. Ihre Stimmen hallen auf dem Bahnsteig noch einige Schritte gleichzeitig mit dem dumpfen Klang unserer Absätze nach. Schritt um Schritt werden sie leiser. Unser Kopf atmet Entlastung. Auf einer Bank warten wir auf unseren Anschluss.
Letzteres ist nicht nur auf den Zug bezogen. Auch unser Gehirn sucht nach sinnvollen Gedanken. Eine Taube beendet diesen Vorgang. Auf dem Bahnsteig pickt sie nach Futter. Wir teilen unsere Butterkekskrümel mit ihr. Sie freut sich. Wir uns auch. Bald kommt ein Taubenfreund dazu. Gemeinsam bringen sie tatsächlich etwas Frieden in unser Inneres. Unser Herz lacht. Erstaunlich zutraulich sind die beiden. Sie hätten kein Problem aus der Hand zu fressen. Uns fehlt noch etwas der Mut.
Dann ist es Zeit für die Weiterfahrt. Wir verabschieden uns. Die Sonne bringt die goldenen Herbstfarben zum glänzen. Dennoch war es am Gleis ziemlich kalt. Wir sind froh um den warmen Zug. Bald werden wir am Ziel sein. Bis dahin versuchen wir uns innerlich zusammenzuhalten und vor allem unsere Haltestelle nicht zu verpassen. Manchmal sieht man auch wirklich schöne Dinge, wenn das Leben vorbeizieht.
Eine wundervoll beschriebene Episode eines Reisetages von Euch. Ihr beobachtet sehr fein und wisst angemessene Worte zu finden, die Lesenden sehr unmittelbar an Eurem Erleben und Empfinden teilhaben zu lassen.
Das fällt mir, wenn ihr Texte dieser oder ähnlicher Art schreibt, immer wieder auf. Ein sehr schöner, intelligenter, einladender Schreibstil ist das.
Ganz liebe Grüße! 💚🍂🌞
Vielen lieben Dank, lieber Sternenflüsterer! 🤗 Wir freuen uns sehr über die Komplimente und dass du das so gerne lesen magst!
Ganz liebe Grüße und einen schönen Sonntag!
Liebe Sofie,
Tiere bringen uns allen auch immer wieder Frieden und Ruhe. Und sind sie noch so klein… 🥰
Liebe Grüße auch an alle Schmetterlinge von den Himbeersplittern
Liebe Himbeersplitter,
wir grüßen alle ganz lieb zurück! 🦋🤗 Wie schön, dass uns die tierischen Begleiter beide positiv bewegen!
wir sind ein Stück mit euch gereist.
Danke fürs Mitnehmen !
§:^)
PS: Wir sind überrascht, wie viele Tauben auf eine Hand passen, wenn dort was Nahrhaftes zu holen ist – (siehe Bild und auch als Metapher)
Habt ein gutes Wochenende
Danke für die liebe Reisebegleitung! 😉
Euch auch ein schönes Restwochenende!