ABC Etüden – Birke, blumig, entgiften

Eine Zeit lang habe ich dir bereits nachgeschaut. Langsam, fast in Zeitlupe bist du an mir vorbei geschwebt. Flauschig rund hast du gewirkt wie ein Watteball. In deinem kleinen Mikrokosmos habe ich mich verloren und gefunden gleichzeitig. Deine feinen Verästelungen waren mit dem Auge für mich kaum zu sehen und doch ragten sie fragil in den Moment, der die Zeit still stehen ließ. „Was für ein Wunderwerk, diese blumigen kleinen Wassergebilde“, denke ich. Dann sinkst du weiter Richtung Boden mit deinen Flockengeschwistern. Gestern noch ließen mich die Pollen der Birke kaum atmen. Heute stehe ich in kalter Luft mitten im April. Eigentlich wären es andere Blumen gewesen, die ich erwartet hatte. Krokusse, Narzissen, vielleicht die ersten Hyazinthen. Nun blühen Eisblumen an meinen Autoscheiben. Für einen Augenblick halte ich noch inne und erlaube mir bewusst die frische Brise zu atmen. Meine Lungen sehnen sich danach etwas von der stickigen Raumluft zu entgiften. Danach trete ich zurück in das Foyer. „Welche Entscheidung soll ich nur treffen!?“ Der April weiß nicht was er will… Mir ergeht es in dieser Sache ähnlich.

Mehr zu den ABC-Etüden und alle wichtigen Mitmachregeln findet ihr bei der lieben Christiane vom „Irgendwas ist immer“-Blog.

Duschwassertropfen und Gedankenspuren

Die letzten Tropfen des Duschwassers laufen noch über meine Nase. Von den Haarspitzen aus bilden sich kleine Rinnsale über meinen Rücken. Immer wieder geraten sie kurz ins Stocken ehe sie weiterfließen. Es ist als müssten sie Anlauf nehmen und sich sammeln, bevor sie sich in die Tiefe stürzen. Manche der kleinen Bäche münden ineinander. Andere ziehen alleine längere und kürzere Spuren über meine nackte Haut. In der Nase der Duft des Shampoos. Eine Mischung aus süß und doch angenehm frisch. Mit den Händen greife ich nach dem großen Duschtuch auf der Ablage. Ich breite die Arme aus, um mich dann in das flauschige Frottee zu hüllen. Übereinanderschlagen, Ecke einstecken, fertig. Ein Turban um die lange Mähne. Dann sind die Rinnsale trockengelegt. Auf der Hautoberfläche bleibt nur ein Hauch von Feuchtigkeit zurück, der kühl in Raum und Zeit verdunstet. Ich lasse mich in den Sessel fallen. Erschöpft. Vor dem Fenster weht das Aprilwetter. In mir Totenstille. Es ist als würde ich selbst darin den Schreien der Traumata lauschen, wie sie widerhallen, gegen die Schädeldecke prallen und in vernichtendes Nichts münden. Mein Schädel ein schwarzes Loch voller Abgründe.

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