
Wir lesen und hören immer wieder, dass in Projekten in Kindergärten und Schulen Workshops für Kinder angeboten werden, in denen sie lernen sollen Nein zu sagen und ihre Körpergrenzen zu schützen. Bezeichnet wird das Angebot dann als „Präventionsarbeit vor sexuellem Missbrauch“. Ich halte dieses Signal für extrem schwierig und für mit Vorsicht zu genießen!
Hier werden Verantwortlichkeiten verrückt! Mit Übungen „Nein“ oder „Stopp“ zu sagen, vermitteln wir den Kindern den Eindruck, dass sie mit ihrem Verhalten daran mitwirken könnten wie weit ein Übergriff geht. Damit vergrößern wir die Scham, wenn sie es nicht schaffen, sich zu wehren. Ein Kind kann an einem Übergriff egal mit welchem Verhalten rein gar nichts ausrichten. Wie weit ein sexueller Missbrauch geht entscheidet alleine der Täter! Wenn ich als Kind im sexualisierten Kontext „Nein“ oder „Stopp sagen muss, hat bereits eine Grenzüberschreitung stattgefunden. Wir können versuchen den Täter durch Wehrhaftigkeit in die Flucht zu schlagen, aber ob das bei diesem massiven Machtungleichgewicht etwas nützt, ist Glück. Im schlechtesten Fall führt das sogar zu noch mehr Gewalt! Kein Kind ist dafür verantwortlich seine Grenzen zu schützen! Das ist der Job der Erwachsenen in seiner Umgebung.
Selbst wenn Kinder sagen, dass sie das „streicheln“ angenehm finden, ist das kein Freifahrtsschein für denjenigen, der diese Handlung ausführt. Als Kind kann man überhaupt nicht überblicken, was da mit einem geschieht. Dennoch hat es langfristige schwerwiegende Konsequenzen! Es bleibt Missbrauch! Ich wünsche mir, dass man mit Kindern auch darüber redet! Dass ein Schweigen oder ein vermeintliches „Ja“ zu sexuellen Handlungen in der Kindheit die Tat in keiner Art und Weise besser macht! Etwas kann sich körperlich für das Kind „schön“ anfühlen oder erregen und trotzdem ist das Gewalt! Manchmal ist es notwendig so zu tun, als fände man das gut, obwohl etwas daran komisch oder eklig ist, weil das Gehirn einem helfen will zu überleben.
Wir können gute Präventionsarbeit erst dann machen, wenn wir uns eingestehen, dass es keine wirkliche Prävention gibt, sondern wir mit all diesen Maßnahmen immer nur auf Täter reagieren.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Kind oder auch eine erwachsene Frau angenehm empfindet wenn sie sexuell belästigt wird.
Jain. Natürlich ist die sexuelle Belästigung an sich nichts angenehmes, sondern Gewalt mit all ihren negativen Auswirkungen! Nichts desto trotz haben Opfer oft den Zwiespalt, dass beispielsweise das Streicheln an sich für den Körper dennoch als „angenehm“ oder „erregend“ empfunden werden kann. Das bedeutet nicht, dass man die Tat insgesamt gut heißt und sie nicht traumatisch ist, sondern sind ganz normale physiologische Reaktionen, die auch bei Übergriffen einfach vorkommen können. Ist jetzt besser verständlich was ich meine?
Ja verstehe ich danke