Wir sitzen seit kurz vor acht bei der Arbeit. Aus der anfangs spärlichen Anwesenheit von Kollegen sind gegen neun bereits volle Arbeitsräume geworden. Es wird stickig. Die Heizungsluft trocknet sämtliche Schleimhäute tot. Die Erkältungserreger tanzen vor Freude Samba. Morgens, halb zehn, in Deutschland: Eine erste kleine Pause naht und damit das Wettrennen um die beste Kloschüssel. Die Beste ist dabei die, die frei, hygienisch einigermaßen sauber und möglichst nahe am eigenen Bürostuhl gelegen ist. Weiterlesen
Advent
Regengeplätscher und Christrosenzauber
Es regnet. Nein, es schüttet. Wie aus Eimern. Alles was an Wasser im Himmel eingelagert war, findet genau in diesem Moment seinen Weg zum Erdboden. Trotz der Fluten habe ich es mittlerweile wieder ins Haus geschafft. Unter der Türe schüttle ich mich einmal wie ein Pudel, der versucht die Nässe draußen zu lassen. Es gelingt bedingt. Von drinnen sieht die Welt schon besser aus. „Wenn man nicht raus muss, ist das Wetter eigentlich ganz gemütlich“, denke ich und lausche für einem Moment den prasselnden Tropfen am Fenster. Bald ist das Essen fertig. Im Topf dampft der Reis. Die zugehörige Sauce kocht. In der Regenrinne gluckert das Wasser, wie in einem kleinen fließenden Bächlein, ehe es an der Hausecke rauschend nach unten stürzt. Aus den Einkäufen blickt mich eine kleine Christrose mit zart weißem Gesicht an. „Du solltest auf den Balkon, hmm“, sage ich zu ihr. „Hier drin ist es für dich zu warm.“ Ich hadere im Angesicht der Regenfluten. Schließlich ringe ich mich dazu durch doch schnell loszulaufen und ihr einen schönen Platz im Freien zu geben. Als ich fünf Minuten später tropfend wieder hinter dem Fenster an der Balkontüre stehe, strahlt sie von draußen zurück. Mission erfüllt. In meinem Kopf beginnt ein Weihnachtslied zu klingen, durch das ich die pflanzlichen Schneegeschöpfe erst richtig zu schätzen gelernt habe. Die Melodie macht mir ein wohliges Gefühl im Bauch und ich singe es so gerne. „Es blüht eine Rose zur Weihnachtszeit, draußen in Eis und Schnee und wenns in der Winternacht friert und schneit, das tut der Rose nicht weh. Es grünt eine Hoffnung zur Weihnachtszeit, drinnen im Herzen still, dass immer und ewig, so schön wie heut, Frieden werden will.“
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Erzähl dir deine Geschichte
Die Abende sind lang und finster. In der Jahreszeit hängen viele schwierige Erinnerungen. Der beste Grund, um uns eine schöne Geschichte zu gönnen. Wir werden uns heute vorlesen und kindliche Momente gönnen, damit unsere Seelen wieder bei uns ankommen. Im Innen lodert bereits der imaginierte Kamin. In Decken gekuschelt hören wir uns gegenseitig zu und lauschen dem inneren Wissen.
Wir wünschen euch einen schönen Abend!
Schneeruhe mit Katzentatzen
Auf der Terrasse liegt Schnee.
Die kleine Elfe aus Stein reckt nur noch den Kopf aus dem weißen Flaum.
Mir scheint die Sonne auf die Schultern.
Durch das Fenster zaubert sich so Wärme in mein Leben, obwohl es draußen eisig kalt ist.
Die kleinen Meisen suchen eifrig nach einem Mittagsmahl. Mein Kater ebenfalls.
Er sitzt in der Küche und starrt den leeren Napf auf eine Weise an, dass ich seine lautlosen Wünsche schreiend laut nachvollziehen kann. Eine Zeit lang widerstehe ich. Dann gebe ich nach, ehe das gut gebaute Tier verhungert. 😊
Dieses eklig, weis-nasse, vom Himmel fallende Zeugs verhindert seit einigen Tagen, dass die zarten Tatzen vor die Türe gesetzt werden. Einmal hat es die Katzendame des Hauses mit dem Herrn zusammen versucht. Das Resultat waren vorwurfsvolle Blicke, was ich nun wieder angestellt habe, dass das Revier so unbegehbar verwüstet ist. Dann drehten sich beide auf den Hinterpfoten um und marschierten an die warme Heizung. Seitdem genügt Ihnen der Blick hinaus ins freie und kurze Testschnupperer aus der Türe. Überwiegend schläft und träumt man sich in bessere Zeiten. Dann wieder fegen sie unausgelastet durch die Wohnung und balgen sich, wie kleine Kinder. Meine Versuche ihnen einen Spaziergang schmackhaft zu machen und der Langeweile Abhilfe zu verschaffen scheitern kläglich. Einmal habe ich es gewagt sie vor die Türe zu setzen und ein paar Minuten zu warten, ob sie bei einer Revierpatrouille nicht doch Spaß hätten. „Wir wissen ja, dass du manchmal nicht alle Tassen im Schrank hast, aber jetzt übertreibst du’s wirklich“, gaben mir ihre Blicke dann unmissverständlich zu verstehen. Steif ans Haus gequetscht blieben sie vor der Fensterscheibe sitzen, um Einlass einzufordern. Also gut, der Katzen Wille ist mir Befehl.
Dann lieber doch gemeinsam kuscheln. Da sind sich die Tiger einig.
Mit einer Decke ziehen wir uns gemeinsam für einen entspannten Tag in den eigenen vier Wänden zurück. Wir genießen – Ich, die Innens und die Katzen.
Schnurr.
Advent mit 52 Zähnen
Leise rieseln die Schneeflocken am ersten Advent zu Boden.
In meiner Wohnung ist es warm. Mich friert dennoch.
Mit einer Tasse Tee ziehe ich mich zurück und schaue in Gedanken auf die letzte Woche. Auf der Heizung glühe ich einstweilen ein Shirt vor, dass ich mir überziehen kann.
Ich habe in den letzten Tagen neue Dinge gelernt. Mit Freude und viel Verzweiflung. Am Ende war meine Arbeit nicht perfekt, ich wusste aber, wen ich Fragen konnte, um sie zu perfektionieren. Also doch perfekt!?
Ich puste in den Tee und beobachte, wie mein Atem über die Wellen bis an den Tassenrand stolpert. „Butterkekse haben 52 Zähne“, flüstert mir ein Innenkind den Werbeslogan zu, als ich gerade von einem abbeißen will. Ich zähle nach. Auf 52 komm ich nicht. Letztlich ist mir das egal. Wichtig ist: Ich habe sie gehört, diese Stimme in mir.
Eigentlich eignet sich der Advent als besinnliche Zeit dem Innen öfter zu lauschen. Uneigentlich gibt es Tage, an denen ich ungern zuhöre, weil es in mir dann so brüchig knackt. Es ist, als könnte ich mein Herz noch einmal splittern hören.
Vor ein paar Tagen erst schlug ich die Zeitung auf. In den ersten Seiten war ein großer Artikel von der Verurteilung eines Täters eingebettet, der sich kleine Mädchen und Videos von Vergewaltigungen in der organisierten Kriminalität gekauft hat. Es ist der Mann über den ich vor rund zehn Jahren in meiner Therapie sprach, weil ich ähnliche Bilder im Kopf hatte. Zweieinhalb Jahre. Welcher Hohn. Die unerwartete Bestätigung ist traurig und scheußlich schmerzhaft.
Während in den nächsten vier Wochen Besinnlichkeitskerzen des schönen Scheins über die Probleme der Welt gemalt werden, findet die Lautheit der Verbrechen an mir in dieser Zeit ihren schweigenden Ausdruck. Wie von der Alraune betäubt würden die Menschen neben mir zu Boden sinken, wenn sie die Schreie in jeder meiner lebenden Zellen hören könnten. Stattdessen lieben sie mein Lächeln.
Der Advent lädt uns ein still zu werden. Wir haben uns selbst dazu eingeladen ein Stück von uns selbst zu finden. Es ist Zeit.
Euch Mitlesern wünschen wir von ganzem Herzen ruhige und besinnliche Adventswochen,
mit den Pflastern der Stille die euere Wunden brauchen, um heil zu werden.
Lernblockaden und Adventsgedanken
Ich bin müde.
Meine Augenlieder wollen sich im gleichen Moment schließen, in dem ich den Deckel des Ordners zuklappe und widerwillig beschließe das Lernen für heute zu beenden, obwohl ich den Stoff nur halbwegs verinnerlicht habe. Für die Prüfung morgen muss es ausreichen.
Der Kopf ist voll…
… nur leider nicht mit schulischen Zahlen, Daten und Fakten.
Dass es nicht nur mir so geht, sondern auch die „ganz normalen“ Mitabsolventen unter dem Lernpensum stöhnen, erleichtert mich etwas. Es wäre also auch ohne meine Geschichte schon schwer, sich durchzubeißen. Ich, meine Reaktionen und die verzweifelte Überforderung sind nicht unnormal, wenn auch teilweise in einem anderen Ausmaß.
„Advent“, denke ich.
„Es ist Advent.“
Auf der einen Seite scheint es nur ein Gedanke zu sein, auf der anderen hallt er in meinem Kopf wieder und wieder, als müsste ich ihn begreifen. Weshalb genau in diesem Moment kann ich nicht fassen. Vielleicht hat er einfach darauf gewartet, dass ich etwas Zeit für Ihn habe.
Ich schaue ihm nach und den Bildern in meinem Kopf von der glücklichen Familie, wie sie im Bilderbuche steht und die Besinnlichkeit des Adventskranzes genießt, weil man das nunmal als guter Christ so macht.
Ich sehe das Flackern der Flammen der Kerzen bis mitten in der Besinnlichkeit die Hölle über uns hereinbricht, weil…
…ja weil man das nunmal als Mitglied einer diversen anderen Gruppierung so macht.
Was bleibt ist die Verwirrung.
Jesus meets Satan.
Und das nicht etwa im Widerspruch.
Zwei Welten, die nicht zusammen passen, ergänzen sich perfekt, bieten doch beide Rechtfertigungen und Erklärungen, warum man sich in einer bestimmten Art und Weise verhalten muss.
Wenn eine nicht ausreicht, um die eigenen Verhaltensweisen, Vorlieben und Perversitäten zu erklären – just mix it!
Dann bekommt selbst das sinnfreiste Sinn und jedes Verhalten findet seine Absolution.
Und die Verwirrung, die dabei bei dem Kind entsteht leistet ihre Dienste.
Zwei getrennte Welten.
Kinderseelen sehen mit ihrem Gefühl und der bloße Verstand sagt ihnen nichts, bis ihnen das Gefühl aberzogen wurde und nur noch die Gedanken der anderen gelten.
Im Denken fallen uns die Augen zu.
Es ist Nacht
und morgen ist Tag.
Es ist schwarz
und weiß.
Innen
und Außen.
Wir sinken in eine andere Welt, die im Traum nur uns gehört.
Stille Zeit.
Im Traum, da sind wir frei.
Weihnachtssternbasteleien
Erster Advent
Weihnachtswunschorakel
Nächstes Wochenende ist der erste Advent.
Heute habe ich deswegen die Suche nach einem Adventskranz begonnen.
Grün, soll er sein.
Rund.
Mit vier roten Kerzen.
Traditionell.
Ursprünglich war der Adventskranz ein uraltes Orakel für das kommende Jahr.
Jede Adventswoche stand für ein viertel Jahr im neuen Jahr.
Die erste Adventswoche für das erste Viertel im neuen Jahr
Die zweite Adventswoche für das zweite Viertel im neuen Jahr
Die dritte Adventswoche für das dritte Viertel im neuen Jahr
Die vierte Adventswoche für das vierte Viertel Im neuen Jahr
So wie die Wochen im Advent verliefen, so glaubte man, wurde dann auch die entsprechende Zeit im nächsten Jahr. Man machte sich deshalb so oft wie möglich schöne Träume und wünschte sich in den Wochen schon schöne Dinge für die entsprechende Zeit im kommenden Jahr.
Die rote Farbe der Kerzen weist auf die fruchtbare rote Erdmutter hin. Schließlich sollen die Wünsche ja auch fruchtbar werden und auch das Grün der Tannenzweige zum „Jahreskreis“ gebunden steht für das lebendige Leben, für das Wachsende und Werdende.
An diesem Brauch möchte ich dieses Jahr festhalten und mir in jeder Adventswoche eine wunderschöne Zeit im kommenden Jahr erträumen.
Bislang hab‘ ich leider noch nicht den passenden Kranz gefunden. Ich geh ihn nächste Woche finden und dann träum ich mich durch den Advent… 🙂