„Schizophrenie ist doch auch nichts anderes“

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Manchmal könnte uns echt der Kümmel kommen.

Wir hatten einen Termin beim Hausarzt, um unsere Krankschreibung zu verlängern. Aufgrund des Umzuges ist dieser noch relativ neu. Mit im Gepäck hatten wir den Befundbericht aus der Traumaambulanz, auf dem die „Dissoziative Identitätsstörung“ klar als Diagnose festgehalten ist. Der Arzt fragte uns, ob es uns etwas bringe, wenn wir reden. „Wir sind schon froh, wenn wir hier nicht gleich als Schizophren wieder raus gehen. Mit ihren Kollegen haben wir da teils weniger gute Erfahrugen gemacht“, sagen wir in der Hoffnung, dass es hier besser laufen möge.
Was er erwiderte hat uns dann völlig aus den Schuhen gehauen: „Multiple Persönlichkeit ist doch auch nichts anderes als Schizophrenie, aber wenn es Ihnen lieber ist, dass wir das so bezeichnen. Zum schizophrenen Formenkreis gehört es für mich deshalb trotzdem. Es gibt eben Schizophrenie mit Traumahintergrund und welche ohne. Bei Ihnen müssen wir am Hintergrund arbeiten.“
Nun was sollen wir dazu sagen!?

Nein, wir nennen es nicht DIS, weil uns das einfach besser gefällt, sondern weil es schlicht völlig unterschiedliche Dinge sind! Daran das zu erklären, scheiterten wir allerdings. Von seiner Einstellung zu unserer Identitätsstruktur ließ er sich nicht abbringen. Was bleibt ist ein schwarzes Loch in das wir stürzen, als wir seine Praxis verlassen.

„Sie brauchen keine Angst haben, dass ich sie deswegen abstemple“, gab er uns mit auf den Weg.

Das wäre ja auch noch schöner!!! Arschloch.

Habt ihr Erfahrungen mit solchen Aussagen und wie reagiert ihr darauf?
Meine Schlagfertigkeit ging mir in dem Moment leider verloren. Ich wusste gar nicht mehr, was ich dazu sagen soll.

Wozu eigentlich Therapeuten, wenn man doch Freunde hat!?

Auf der Therapeutensuche sind uns schon so einige Sätze entgegengeschleudert worden, bei denen wir nur noch kopfschüttelnd abwinken konnten. Mittlerweile stellen wir uns ja schon auf alles ein, wenn wir es mal wieder bis zu einem ersten oder zweiten Gespräch mit einer Therapeutin wagen, selbst (oder vielleicht auch gerade wenn) sie sich Spezialistin für dieses Gebiet nennt.
Kurz: Es ist extrem frustrierend!

Heute hatten wir mal wieder eines dieser Gespräche auf der Suche nach neuer Hilfe.
Es gibt neben den anderen haarsträubenden Aussagen vor allem einen neuen Satz des Tages, der uns von fassungslos über wütend, bis hin zu traurig und verzweifelt macht und die ganze Gefühlspalette abdeckt.
Im Gespräch kam die Frage an uns auf, wonach wir nun genau suchen, was wir uns in der Zusammenarbeit erwarten und was wir am dringendsten brauchen. Wir stellten für uns ganz klar einige Ziele in der Therapie auf, hielten aber auch fest, dass es für uns derzeit das aller wichtigste ist, wieder mit jemandem offen reden und erzählen zu können, was war, ohne dass das Gegenüber dabei vom Stuhl kippt, weil uns reden vieles total erleichtert, wenn wir die Dinge in unserem Kopf nicht alleine sortieren müssen. Daraufhin ergab sich folgender Dialog:
„Haben Sie denn eine Freundin?“
„Ähm, ja hab ich schon. Warum?
„Können Sie mit der denn über Ihre Geschichte reden?“
„Ja. Kann ich.“
„Na dann brauchen Sie keine Therapie, sondern nur Freundschaft! Reden Sie doch dann einfach mit Ihr darüber.“
Uns macht dieser Satz so fassungslos, dass wir nicht mehr wirklich reagieren konnten und die Worte fehlten.
Das Gespräch endete in einer Absage der Therapeutin, da ihr das alles grade irgendwie zu kompliziert sei…

Wir sitzen hier, schütteln mit dem Kopf, ärgern uns, sind traurig über die Dreistigkeit derartiger Aussagen, telefonieren mit unserer Freundin, freuen uns einfach nur, dass wir sie haben und hoffen nächstes Mal wird alles besser laufen…