Das geliebte Kind und der Heilungsweg

Als Menschen haben wir einen natürlichen Drang geliebt und anerkannt zu werden. Also finden wir Kompromisse für unsere eigenen Ideale und Werte, um nicht abgelehnt zu werden. Das sichert als Kind unser Überleben!

Weiterlesen

Schuld und Bindung

Seit einigen Wochen schon belastet mich ein Gefühl besonders schwer – Schuld. Über einige Zeit hatte ich den Eindruck ich hätte einen guten Umgang damit gefunden. Zugegebener Maßen war meine Herangehensweise eher rational orientiert. Dann erwischte mich ein Trigger eiskalt. Erinnerungen brachen mit tiefer emotionaler Qualität wieder auf. Ich saß plötzlich in einem tiefen See aus Tränen, Verzweiflung und Schuld. Unendlicher schwerer Schuld. Schuld, die so schwer wiegt, dass ich mich schon schuldig dafür fühle überhaupt noch zu leben und zu atmen. Schuld, die mir jedes Recht auf Erleichterung meiner Beschwerden nimmt. Sie scheinen gerechte und vergleichsweise milde Strafe zu sein. Schuld, die mir auch die Erlaubnis entzieht meine Flashbacks dosiert verarbeiten zu wollen, weil es ja wohl das mindeste ist, dass ich wenigstens aushalte zu sehen und mich dem zu stellen, was da passiert ist und nicht auch noch deswegen rumjammere, weil es mir zu viel ist. Schließlich bin ich schuld. Eine Therapeutin hat mir in meiner Verzweiflung etwas zum Thema Schuld und Bindung erklärt. Das möchte ich euch jetzt zusammengefasst wiedergeben und meine Gedanken dazu in diesem Beitrag mit euch teilen.

Weiterlesen

Flashbacks nach dem BASK-Modell einordnen

Gestern las ich auf dem Blog von Jean in englischer Sprache einen interessanten Beitrag dazu, wie sie Flashbacks nach dem sogenannten BASK-Modell genauer einordnen kann. Mir war dieses Modell bislang aus der Traumakonfrontation bekannt und ich habe schon das ein oder andere mal damit gearbeitet, um Erinnerungen zusammenzusetzen. Allerdings habe ich es bislang nie dafür genutzt die verschiedenen Ebenen von Flashbacks zu verstehen. In diese Richtung war ich irgendwie betriebsblind. Weil das für uns durchaus Sinn macht und uns nochmal half etwas einzuordnen, greifen wir dieses Thema in diesem Beitrag auf und ergänzen in deutscher Sprache den wirklich sehr aufschlussreichen Artikel von Jean um unsere Sichtweise.

Weiterlesen

OSDD – Die neue DDNOS

Im amerikanischen Diagnosehandbuch DSM-5 ist die DDNOS-Diagnose (Dissociative Disorder not otherwise specified) durch das Symptomcluster der OSDD (Other specified dissociativ Disorder) ersetzt worden. Aus einem unspezifischen Komplex von dissoziativen Symptomen ist nun also sprachlich ein spezifisches Muster entstanden. Das alleine fanden wir schon einen spannenden Sprung. Für den deutschsprachigen Raum ändert das zwar nichts, denn im hier verbindlichen ICD-10 existiert der Diagnoseschlüssel nicht und auch im ICD-11 wird er nicht enthalten sein, trotzdem fanden wir es interessant uns einmal genauer damit auseinanderzusetzen.

Weiterlesen

Duschen und Baden – Fluch oder Segen auf der Skill-Liste

Wir liegen im heißen Badewasser und spüren, wie unser Körper merklich entspannt. Eigentlich haben wir uns etwas zum Lesen mitgenommen. Das wollen wir nun aber gar nicht mehr. Die Ruhe genießen ist toll. Die Regenbrause wäscht Stück für Stück den Stress mit weg. Für uns gehört Baden und Duschen zu den wichtigsten Entspannungsmöglichkeiten. Weiterlesen

Pizzakommunikation für Viele

blackboard-677578_1920

Der Sonntag beginnt sonnig und mit großer Dankbarkeit.
Kurz vor Ablauf einer wichtigen Frist beim Finanzamt, haben mir Innenleute geholfen eine Stellungnahme fertig zu schreiben. Vorab habe ich doch ziemlich geschwitzt, weil ich mich einfach nicht ran setzen konnte, so sehr ich es auch wollte. Unerledigt hätte das vermutlich in finanzieller Hinsicht negative Konsequenzen gehabt.
Insofern schonmal „Puh… durchatmen.“

Weiterlesen und uns beim Pizzabacken begleiten→

Flashback im Tarnumhang – Angststörung oder Posttraumatische Belastungsstörung!?

Ängste spielen nicht nur bei Angststörungen sondern auch als Symptom der Posttraumatischen Belastungsstörung eine Rolle. Dabei können sie beispielsweise als Gefühlsflashback getarnt auftreten. Wir kennen mehrere Personen, die jahrelang wegen teils schweren Angststörungen behandelt wurden, aber einfach nicht weiter kamen. Erst als erfahrene Therapeuten die dissoziative Komponente erkannten und begannen die Hintergründe in die Behandlung einzubeziehen, wurden die ungreifbaren Ängste beeinflussbar.
Was die Betroffenen oft auch vereint: Außer den plötzlichen heftigen Angstattacken gibt es anfangs scheinbar keine weiteren Symptome. Im Falle einer PTBS ist dies durch die Fragmentierung der Erinnerung erklärbar. Das Angstgefühl kommt ohne dazugehörigem Bild zurück. Die Auslöser der Gefühlsflut sind so aus dem Zusammenhang gerissen schwer auszumachen.

Bei chronisch traumatisierten Menschen ist der unerklärliche Affekt häufig mit den dissoziierten Persönlichkeitsanteilen verbunden.
Bei uns zeigt sich das beispielsweise darin, dass wir Angst haben ohne den Grund zu kennen. Manchmal stelle ich im Alltag auch fest, dass meine Beine beginnen wegzulaufen ohne dass ich noch in der Lage bin dies zu beeinflussen. Im Unterricht, ist mir das etwa einmal passiert, als eine Lehrkraft widererwarten maskiert erschien. Ich war schon aus dem Raum gelaufen, ehe ich überhaupt die Situation richtig realisiert habe.

Doch es gibt auch viel subtilere Situationen. Dann merke ich nur wie ich etwas benommen werde. Angst spüre ich keine. Dennoch wird mein Verhalten beeinflusst. Ich bin dann irgendwie gedankenlos. Biege mit dem Auto vielleicht auch noch mehrmals falsch ab. Der Zustand bleibt vage.
Noch weniger greifbar wird es, wenn sich einfach nur meine Meinung zu einer Sache ändert. Ich wollte beispielsweise grade noch einkaufen gehen und im gleichen Moment scheint mir etwas anderes viel wichtiger, obwohl ich eigentlich dringend Lebensmittel benötige. Oder ich habe mit Freunden ausgemacht und mich sehr auf ein Treffen gefreut. Kurz vorher habe ich aber plötzlich keine Lust mehr. Wenn ich im Nachhinein auf die Situationen schaue, kann ich manchmal feststellen, dass jemanden im Innen der Umgang mit Menschen überfordert hätte.

Das charakteristische für diese Angst als Traumafolge besteht für uns klar darin, sie oft nicht einordnen zu können. Das „Warum?“ fehlt und wenn es vorhanden ist, scheint es dennoch distanziert oder unzureichend. Beim Erzählen von solchen Situationen haben die Behandler oft ebenfalls das Gefühl „ins schwimmen“ zu geraten. Eine ehemalige Therapeutin beschrieb das für sich einmal so: „Die Patientinnen erzählen etwas, was sich schon beim Zuhören sehr diffus anfühlt. Sie sagen z.B.: Das war so ein schöner Spaziergang durch die Allee. Die Sonne schien. Auf einmal war da Angst, aber eigentlich ist ja alles gut. Bei der Erzählung laufen zwei Welten parallel ab. Das wirkt beim Zuhören genau so ungreifbar, wie für den Patienten in der Situation. Alles war gut und gleichzeitig absolute Panik. Es scheint oft keinen Ansatz zu geben, weil bei jeder Nachfrage doch eigentlich alles gut ist, wenn da nicht das komische Gefühl gewesen wäre, aber eigentlich ist alles gut. Nur mit Erfahrung und Feingefühl lässt sich dann ein Trigger in der Lichtstimmung herausarbeiten.“
Manchmal bleibt die Angst als Gefühl ganz inkognito. Wir empfinden dann keine Panik, drohen aber in Ohnmacht zu fallen. Wir sind einfach nicht in der Lage Post zu öffen, ohne zu wissen weshalb. Wir gehen tagelang nicht aus dem Haus, weil es eine innere Sperre gibt. Die Angst dahinter fühle ich als Alltagsperson aber nicht. Oder ich bekomme zwar panische Angst vor einer Situation. Ursache jedoch ebenfalls unbekannt.
Das heißt aber wiederum nicht, dass die „Phobie“ unspezifisch sein muss. Wir erinnern uns noch sehr lebhaft an einen Fall während unserer Ausbildung. Dabei handelte es sich um eine junge Frau, die wegen einer Schmetterlingsphobie behandelt wurde. Erst später stellte sich heraus, dass die schönen Flattertiere Auslöser für dahinterstehende schwere Traumatisierungen waren.

Für die Therapie zeigt das auch, dass rein verhaltenstherapeutische Konzepte zu kurz greifen. Der Lebenskontext der Angstentstehung muss einbezogen werden und das allerspätestens dann, wenn die Therapieversuche immer wieder scheitern. Im besten Fall aber natürlich von Anfang an. Sonst wird man den Patienten nicht gerecht. Eine inzwischen ältere Frau, die wir in einer Gruppe für komplexe Traumafolgen kennengelernt haben, irrte wegen ihrer massiven Ängste Jahrzehnte lang durchs Gesundheitssystem, ehe eine Therapeutin ihre Leidensgeschichte durchschaute. Sie begann mit einer Traumatherapie und fühlt sich mittlerweile wieder sehr viel wohler.

In der Selbsthilfeliteratur bietet das Buch „Traumabedingte Dissoziation bewältigen“ von Boon, Steele und Van Der Hart hilfreiche Ansätze zur Bewältigung dieser Symptomatik. Zudem bietet es dem Leser weiterführende verständliche Einblicke in die Thematik. Erschienen ist das Buch 2013 im Junfermann Verlag.

National Multiple Personality Day 2017

i-believe-in-me

Heute ist „National Multiple Personality Day“.

Für uns ist das ein guter Anlass mal wieder schöne Sachen für die Innenleute zu machen, uns bewusst wahrzunehmen und das zu tun, was uns eben gut tut, um dabei im Gefühl von „gesehen werden“ ein kleines Stückchen näher zusammenzurücken. Es bedeutet anzunehmen was war und das Beste daraus zu machen und auch, wenn es als bunt strukturierter Haufen oft schwierig ist, so schätzen wir uns doch gegenseitig wert und den Einsatz, den jeder/jede/jedes Innen für unser Überleben beigetragen hat.
Eine kleine Feier dafür, dass wir überlebt haben. Für uns selbst.

Wir wünschen euch allen einen schönen Sonntag! 🙂

Ja was denn nun!? – Inneres Kind, Anteile, Ego States oder Multiple Persönlichkeit mit Innenpersonen

In letzter Zeit stößt uns die Vermischung dieser Begriffe in Internetforen oder –plattformen oft sauer auf.
Frei nach dem Motto „Sind wir nicht alle ein bisschen Multipel?“ wird munter darauf losdiskutiert, was man unter multipel sein verstehen könnte. Dabei gibt’s da unserer Meinung nach gar nicht so viel Spielraum. Entweder man ist es oder eben nicht. Die Diskussion welche Facetten man vom „Viele sein“ aus persönlicher Erfahrung kennt, erübrigt sich schlicht, wenn man es nicht ist. Und es ist aus unserer Sicht auch nicht egal, diese Begriffe einfach so miteinander zu vermischen und so zu verwässrigen, weil damit den unterschiedlichen Anforderungen von Betroffenen keine Rechnung mehr getragen wird.
„Viele sein“ ist kein lustiges Heitidei mit kleinen Innenkindern, die einfach nur spielen wollen und „Viele sein“ ist nicht ungeliebte Emotionen und Verhaltensweisen einfach auf erfundene Anteile abschieben, wie man es in manchen Internetforen langsam meinen könnte.
„Viele sein“ ist brutale Realität, die man sich nicht aussucht. Und diese Realität braucht bestimmte spezifische Dinge im Außen, die beim (Über-)Leben helfen und unterstützen, für die alle Betroffenen oft mehr als zumutbar kämpfen müssen. Wenn wir von Mutiplen Persönlichkeiten sprechen, dann haben diese die schlimmste Gewalt erlebt, die man sich vorstellen kann. Ich möchte hier keine Diskussion im Sinne von besser-schlechter, wer leidet mehr – der mit Anteilen oder der mit Innenpersonen? – oder dergleichen führen. Es geht uns schlicht darum, dass es um unterschiedliche Lebensrealitäten geht, die unterschiedliche Behandlung brauchen. Bildhaft in etwa so, als würde sich jemand den Fuß verstauchen und ein anderer sich ihn brechen. Beide haben Schmerzen an der gleichen Stelle und brauchen ohne Frage die notwendige Versorgung. Ein verstauchter Fuß tut nicht zwingend weniger weh, als ein gebrochener, nur sieht die Versorgung eben entsprechend unterschiedlich aus.
Zudem treffen wir immer wieder auf die Frage, ob es denn gut sei seinen Anteilen einen Namen zu geben oder ob man damit die Spaltung nicht noch weiter vorantreibt. Dazu wollen wir sagen, dass Multiple Persönlichkeiten erstens eben nicht irgendwelchen Anteilen Namen geben, die haben sie nämlich meist schon, oft genug auch von den Tätern bekommen. Zweitens erachten wir es für völligen Schwachsinn, dass man damit die Spaltung erweitert. Etwas Sichtbar werden zu lassen, heißt nicht, dass es größer wird, als es war, bevor man es gesehen hat.

In der Alltagsrealität erleben wir es oft, dass wir über unsere Innenpersonen reden und die Reaktion unseres Gegenübers ist: „Das kenn ich. Ich hab‘ auch so kindliche Anteile in mir.“
Die genauen Unterschiede zu erklären, fällt dann oft schwer. Wir müssen zugeben, dass wir selber zunächst doch etwas gebraucht haben, bis wir uns durch den therapeutischen Definitionswust gefunden haben.
Im Nachfolgenden versuchen wir die Begriffe „Inneres Kind“, „Anteile“, „Ego States“ und „Innenpersonen/Multiple Persönlichkeit“ einfach mal mit unseren eigenen Worten zu erklären und voneinander abzugrenzen.

„Inneres Kind“ / „Anteile“
Das innere Kind oder die Arbeit mit dem inneren Kind stellt ein therapeutisches Hilfskonstrukt dar.
Es ist eine Imagination, die wohltuend ist und bei der Heilung helfen soll. Im Grunde das gleiche Prinzip wie die „Tresorübung“ oder der innere sichere Ort.
Das innere Kind agiert nicht aktiv, genauso wenig, wie einen der Tresor von sich aus anquatscht und fragt, ob er was verschließen soll. Man benutzt die Vorstellung, wenn man sie braucht und nicht umgekehrt. Man kann sich fragen, was das innere Kind zu bestimmten Themen sagen würde, sich vorstellen, wie es reagiert oder sich fühlt und es dementsprechend in der Vorstellung versorgen. Auf diesem Weg kann eine gewisse Nachreifung von Facetten der Gesamtpersönlichkeit entstehen. Es ist jedoch nicht abgespalten und es quatscht auch nicht den Kopf voll. Wenn, dann stellt man sich vor, was es gerade sagen würde.
Bei anderen „normalen“ Anteilen verhält es sich ähnlich. Es wird sozusagen eine Facette der Gesamtpersönlichkeit für die Therapie herausgegriffen und genauer betrachtet, z.B. ein wütender Anteil oder der Berufsanteil. Es handelt sich jedoch immer um die EINE gleiche Person. Die Person weiß, dass sie manchmal kindlich, wütend, funktional, etc. sein kann und kann das auch willentlich beeinflussen.

„Abgespaltene Anteile“ / „Ego States“
Abgespaltene Anteile der Persönlichkeit entstehen durch Traumata.
Passiert ein Trauma werden die emotionalen Aspekte des Traumas abgespalten. Es entsteht also ein traumanaher Gefühlsanteil. Die betroffene Person hat in der Folge ein normales Alltags-Ich, das vom Trauma distanziert, eher betäubt und teilweise amnestisch dafür ist. Der beim Trauma entstandene emotionale Anteil trägt die emotionalen Aspekte des Traumas. Dieser taucht z.B. durch Triggerung wieder auf und schwemmt dann die Wiedererlebensqualitäten zurück ins Bewusstsein.
Die folgenden beiden Stufen der Abspaltung – Ego-States und Multiple Persönlichkeit – sind sogenannte „Komplextrauma Stufen“, d.h. Abspaltungen, die nur durch wiederholte Traumata entstehen.
Wiederholt sich die Gewalt oder die Traumatisierung, kommt es zur chronischen Abspaltung von grundlegenden Funktionen in „Teilpersönlichkeiten“, z. B.: Schreckhaftigkeit, Fluchtreflex, Kampfreflex, Schreckstarre, Unterwerfung, Rückzug nach der traumatischen Erfahrung…
Sie kommen wieder sobald der Organismus in Not gerät und das Alltags-Ich kann zunächst relativ wenig gegen diese automatischen Reaktionen tun. Man unterscheidet zwei Arten dieser „Teilpersönlichkeiten“. Die sog. „Affect States“ und die „Ego States“, also Gefühlszustände und Ichzustände.
Beispiel für einen „Affect-State“: Eine Frau leidet darunter, dass sie sehr wütend wird und ihr Gegenüber attackiert, wenn Sie unter Druck gerät und nicht weiß, wie sie diesen regeln kann. Der traumanahe Persönlichkeitsanteil „Kampf“ ist aktiviert worden, um das Problem zu lösen. Der Zustand ist aber keine „Person“, sondern ein sehr heftig und unkontrollierbar erlebter Gefühlsausbruch.
Beispiel für einen „Ego-State“: Eine Frau wirft sich in bestimmten Situationen jeden Mann an den Hals und geht mit jedem Mann ins Bett, obwohl das sonst eigentlich nicht ihrer Persönlichkeit entspricht. Der Anteil, der dann nach vorne rutscht, hat „gelernt“ sich jedem Mann anzubieten, der sie haben will.
Jeder dieser Zustände enthält nur noch bestimmte Teile und Facetten der Ursprungstraumata und nicht mehr, wie oben beschrieben, das komplette Trauma.

„Innenpersonen einer Multiplen Persönlichkeit“
Hat extreme Gewalt ihren Beginn vor dem 5. Lebensjahr, kann dies zur Entstehung einer Multiplen Persönlichkeit mit mehreren Innenpersonen führen.
Neben Persönlichkeiten, die Aspekte der erlittenen Traumata tragen, entstehen hier, im Gegensatz zur Ego-State-Disorder, auch mehrere Persönlichkeiten, die keine traumatischen Erinnerungen oder traumanahen Zustände tragen, sondern andere Funktionen für das System übernehmen und sich Alltagsaufgaben teilen. Sprich, hier war das Leben so unerträglich, dass es nicht nur mehrere Persönlichkeitsanteile brauchte, um die Traumaerfahrungen aufzuteilen, sondern auch mehrere Personen, um den Alltag zu bewältigen. Bei der DIS kann es auch zu Mischungen von alltags- und traumanahen Anteilen kommen, z.B. eine harte, wütende Alltagspersönlichkeit oder eine sensible, fürsorgliche Alltagspersönlichkeit.
Jede/r dieser Persönlichkeiten hat im Laufe der Zeit Seine/ihre eigene „Lebensgeschichte“, eigene Ansichten, Charakterzüge, Aufgaben und Vorlieben entwickelt. Die ursprünglichen Anteile haben sich also immer weiter ausdifferenziert und sind zu eigenständigen Innenpersonen geworden.
Wir persönlich mögen die Bezeichnung als vollabgespaltene Persönlichkeitsanteile hier nicht, weil es für uns schlicht nicht stimmt und nicht zu unserem Erleben passt.
Die Dissoziation ist so tiefgreifend, dass es auch im aktuellen Alltagserleben und nachdem die Gewalt zu Ende ist zu Zeitlücken kommt. Bei Wechseln von einer Persönlichkeit zu einer anderen kommt es oft zu Amnesien. Die Eine weiß dann nicht, was die Andere tut oder in der Zwischenzeit getan hat, bis sie wieder vorne ist.
Der Wechsel zwischen den Persönlichkeiten ist hier meist nicht mehr willentlich beeinflussbar.

Soweit also nun zunächst unsere Erklärungen. Wir hoffen sie sind verständlich und wir haben nichts wichtiges vergessen!
Sonst dürft ihr auch gerne Fragen stellen, wir versuchen es dann so gut wir können zu erklären.
Das Alltagserleben von multiplen Persönlichkeiten wollen wir eventuell demnächst noch etwas genauer beschreiben, weil wir gemerkt haben, dass es doch recht schwer ist, das so kurz zu fassen.

Quellen:
Viele sein – Ein Handbuch (M. Huber)