Gewichtige Probleme

Vor ein paar Wochen war endlich der Rehaantrag bei der Krankenkasse durch. Dresden sollte es werden. Schon vorher haben wir mehrmals mit einer Therapeutin dort Kontakt aufgenommen und uns soweit ganz gut beraten gefühlt. Nun kam es zu einem Vorgespräch mit der zuständigen Ärztin und kurz darauf mit dem Aufnahmebogen für uns auch zum vorläufigen Klinikaus. Denn unser BMI ist zu HOCH. Man nimmt uns so nicht auf. Wenn wir mit allem gerechnet hätten, aber nicht damit. Allerdings hat man uns unverschämt freundlich angeboten, dass wir ja bis zum Zeitpunkt der Aufnahme noch etwas Zeit hätten, um uns das erforderliche Gewicht anzudiäten. Sonst könne keine Traumatherapie stattfinden. Das ist bei einer Esstörung ein guter Witz. Als ob der Traumahintergrund mal eben gestrichen werden kann, bis man ein bestimmtes Gewicht erreicht. Abgesehen davon, wären wir wohl ohne die langen Hungerkuren, die wir hinter uns haben, kaum in der misslichen Lage mit den Essstörungen. Nicht selten sind wir in der Vergangenheit über eine Diät sogar direkt vom Binge Eating in die Anorexie geschlittert. Das ständigen Überessen wich dem nicht mehr essen. Darin waren wir dann ebenso ausdauernd, machten exzessiven Sport und hatten in relativ kurzer Zeitspanne Gewichtsschwankungen von bis zu 70 Kilo rauf und runter in zwei Jahren. Das kann und will ich so nicht mehr. Für uns steht fest, dass es nicht im Sinne des Erfinders sein kann, wenn eine Klinik da Druck aufbaut. Wir werden das Gespräch mit verschiedenen Verantwortlichen suchen müssen.

Wir waren so froh, dass wir die letzten Wochen erstmals wieder ein normales Essverhalten entwickelten. Es kam viel Obst und Gemüse auf den Teller und kochen machte zum ersten Mal seit langem richtig Spaß. Seit dieser Aussage der Klinik ist nichts mehr, wie es war. Drei Tage wurde nichts gegessen, dann kam die Heißhungerattacke und danach das große Kotzen. Das macht uns grade einfach nur unendlich traurig.

Diagnostikvorläufer

Am Donnerstag waren wir in einer Klinik mit Traumaambulanz, um mal wieder Diagnostik zu machen. Hintergrund zu dem ganzen Aufwand ist die Antragstellung für einen Klinikaufenthalt. Die Therapeutin in der angestrebten Klinik hat uns in einem Gespräch mitgeteilt, dass es für den Antrag in unserem Fall wichtig wäre, bereits eine gesicherte Diagnose beizulegen. Dann wäre zum einen die Auswahl an alternativ möglichen Kliniken geringer, zum anderen könnte mich aber auch die Traumaklinik direkt auf die DIS-Station einordnen.
„Kein Problem“, war mein erster Gedanke. „Schwerer, als ich mir das vorgestellt habe“, mein zweiter nach einigen anrufen. Die erste Therapeutin, die die Diagnose vor über 10 Jahren gestellt hat, arbeitet nicht mehr und ist auch nicht anderweitig erreichbar. „Ok, gut. Es gab ja auch noch welche nach ihr“, beruhige ich mich. Ich greife also zum Hörer und wähle weiter. Eine Andere ist derzeit schwer an Krebs erkrankt und nicht in der Lage etwas auszustellen. Der angebotene Schrieb einer Beratungsstelle ist nicht ausreichend. Die Psychotherapeutin an meiner vierten Anlaufstelle, sagt zu mir etwas zu schreiben, wäre aber froh, die Testdiagnostik der Traumaambulanz in der ich vor einigen Jahren vorstellig war, zusätzlich mit einbeziehen zu können. Das würde der Diagnose zusätzlich Gewicht verleihen. Also rufe ich auch dort an und bitte um die Übersendung der Unterlagen. Das geht jedoch nicht so einfach, weil dort die Therapeutin, die damals die Diagnose gestellt hat, nicht mehr arbeitet und Dritte den Befund nicht schreiben können, ohne mich jemals gesehen zu haben. Nach längerer Diskussion, dass doch Patientendaten nicht einfach nicht mehr greifbar sein können, weil das Personal wechselt, lädt man mich kurzfristig zu einem Termin ein, in der man die Diagnostik wiederholt. Soweit also die Vorgeschichte zu dem Termin in der Ambulanz.

Was lernen wir daraus:
Man sollte sich seine Diagnosen immer im Laufe der Therapie mindestens einmal schriftlich bestätigen lassen, auch wenn man das zu dem Zeitpunkt nicht braucht. Man weiß nie, wofür es mal gut ist.

In der Traumaambulanz ist man sehr freundlich zu uns. Die Ärztin und Psychotherapeutin, die für uns eingeteilt wurde, ist mit unserem Anliegen direkt bestens vertraut. Sie hat die alten Akten vor sich liegen und sich eingelesen. Mit Ruhe beginnt sie die erneute Diagnostik. An Zeit mangelt es nicht. Das empfinden wir als sehr positiv. Wir arbeiten uns durch mehrere Fragebögen. Anschließend klärt sie im freien Gespräch Dinge, die ihr zusätzlich wichtig erscheinen. Am Ende kann sie die Diagnose ihrer früheren Kollegin bestätigen. Die DIS ist eindeutig. Dazu kommen andere Probleme, wie etwa eine Essstörung und Depressionen.

Wir sind froh, dass wir das gemacht haben. Der Umgang in der Ambulanz mit uns, hätte nicht besser sein können. Das Vorgehen können wir auch für unsichere DIS-ler, die endlich eine sichere Diagnose wollen, nur empfehlen. Auch im Nachgang zum Termin bekamen wir direkt Unterstützung angeboten.
Trotzdem schlauchen uns die Folgen des Untersuchungsgesprächs immer noch. Wir sind seit Tagen komatös müde, können uns kaum auf den Beinen halten und kämpfen mit starken Schmerzen. Zumindest hat sich der Termin aber auf unserem Weg zur Traumaklinik gelohnt. 😊