Ich sitze bei meiner Frauenärztin im Wartezimmmer. Die Luft ist schwül und stickig. Doch hier findet sich etwas Zeit, um die Gedanken wie Buchstabensuppe auf ein Stück Papier auszuschütten. Man weiß nie, ob die Lettern ausreichen alles in Worten auszudrücken. So manches verschwimmt wohl einfach ungesagt im Meer der Erfahrungsbilder aus den letzten Wochen. Bei den Temperaturen lässt sich der Kopf ohnehin am Besten unter Wasser frei bekommen. Stille lange Züge im Schwimmbad haben ihn die letzten Tage oftmals vorm Zerbersten bewahrt.
Da gibt es etwa die Klinikalternative zu Dresden, die mir tatsächlich anbietet mich aufzunehmen, wenn… ja wenn ich mich vorher einer magenverkleinernden Operation unterziehe und das ohne mich auch nur ein einziges Mal gesehen oder persönlich gesprochen zu haben. Nein, das ist kein Witz. Ihr habt richtig gelesen. Nun habe ich bestimmt nicht grundsätzlich etwas gegen Adipositaschirurgie. 160Kg auf knapp 1,80 m Körpergröße sind sicher deutlich zu viel. Mir geht’s hier nur um die Art und Weise wie dieses Angebot zu Stande kam. Die Ärzte dort haben mich nie gesehen, geschweige denn gesprochen. Bislang war ich noch NIE in einer psychiatrischen Klinik, und schon gar nicht auf Reha. Bis vor wenigen Wochen, war die Essstörung NIEMALS offenes Thema in einer Therapie und anstatt mir erst einmal Hilfe anzubieten, gesundes Essverhalten zu erlernen, kommt man nun auf die grandiose Idee das Problem einfach wegzuschneiden. Menschlichkeit ade! Armes Deutschland! Es wird immer besser… Ehrlich gesagt hätten wir an dieser Stelle erwartet, dass man sich als Arzt oder Therapeut die Mühe macht, den Menschen hinter den Kilos erst einmal zu sehen. Wenn man so nicht weiter kommt, kann man gemeinsam immer noch über Alternativen nachdenken.
Dann also doch lieber abtauchen und die Sonne genießen. Fast täglich findet man uns derzeit im Schwimmbad. Damit schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe. Das Sporteln tut unserem Körper gut und die Seele ist hinterher auch viel entspannter. Und manchmal sitzen wir dann am Beckenrand, lesen ein Buch und freuen uns, dass wir eine beste Freundin haben, die empathisch an unserer Seite beleibt, während die Fachwelt durch Unmenschlichkeit und emotionale Legasthenie glänzt.