
Als Menschen haben wir einen natürlichen Drang geliebt und anerkannt zu werden. Also finden wir Kompromisse für unsere eigenen Ideale und Werte, um nicht abgelehnt zu werden. Das sichert als Kind unser Überleben!
WeiterlesenAls Menschen haben wir einen natürlichen Drang geliebt und anerkannt zu werden. Also finden wir Kompromisse für unsere eigenen Ideale und Werte, um nicht abgelehnt zu werden. Das sichert als Kind unser Überleben!
WeiterlesenIn letzter Zeit stößt uns die Vermischung dieser Begriffe in Internetforen oder –plattformen oft sauer auf.
Frei nach dem Motto „Sind wir nicht alle ein bisschen Multipel?“ wird munter darauf losdiskutiert, was man unter multipel sein verstehen könnte. Dabei gibt’s da unserer Meinung nach gar nicht so viel Spielraum. Entweder man ist es oder eben nicht. Die Diskussion welche Facetten man vom „Viele sein“ aus persönlicher Erfahrung kennt, erübrigt sich schlicht, wenn man es nicht ist. Und es ist aus unserer Sicht auch nicht egal, diese Begriffe einfach so miteinander zu vermischen und so zu verwässrigen, weil damit den unterschiedlichen Anforderungen von Betroffenen keine Rechnung mehr getragen wird.
„Viele sein“ ist kein lustiges Heitidei mit kleinen Innenkindern, die einfach nur spielen wollen und „Viele sein“ ist nicht ungeliebte Emotionen und Verhaltensweisen einfach auf erfundene Anteile abschieben, wie man es in manchen Internetforen langsam meinen könnte.
„Viele sein“ ist brutale Realität, die man sich nicht aussucht. Und diese Realität braucht bestimmte spezifische Dinge im Außen, die beim (Über-)Leben helfen und unterstützen, für die alle Betroffenen oft mehr als zumutbar kämpfen müssen. Wenn wir von Mutiplen Persönlichkeiten sprechen, dann haben diese die schlimmste Gewalt erlebt, die man sich vorstellen kann. Ich möchte hier keine Diskussion im Sinne von besser-schlechter, wer leidet mehr – der mit Anteilen oder der mit Innenpersonen? – oder dergleichen führen. Es geht uns schlicht darum, dass es um unterschiedliche Lebensrealitäten geht, die unterschiedliche Behandlung brauchen. Bildhaft in etwa so, als würde sich jemand den Fuß verstauchen und ein anderer sich ihn brechen. Beide haben Schmerzen an der gleichen Stelle und brauchen ohne Frage die notwendige Versorgung. Ein verstauchter Fuß tut nicht zwingend weniger weh, als ein gebrochener, nur sieht die Versorgung eben entsprechend unterschiedlich aus.
Zudem treffen wir immer wieder auf die Frage, ob es denn gut sei seinen Anteilen einen Namen zu geben oder ob man damit die Spaltung nicht noch weiter vorantreibt. Dazu wollen wir sagen, dass Multiple Persönlichkeiten erstens eben nicht irgendwelchen Anteilen Namen geben, die haben sie nämlich meist schon, oft genug auch von den Tätern bekommen. Zweitens erachten wir es für völligen Schwachsinn, dass man damit die Spaltung erweitert. Etwas Sichtbar werden zu lassen, heißt nicht, dass es größer wird, als es war, bevor man es gesehen hat.
In der Alltagsrealität erleben wir es oft, dass wir über unsere Innenpersonen reden und die Reaktion unseres Gegenübers ist: „Das kenn ich. Ich hab‘ auch so kindliche Anteile in mir.“
Die genauen Unterschiede zu erklären, fällt dann oft schwer. Wir müssen zugeben, dass wir selber zunächst doch etwas gebraucht haben, bis wir uns durch den therapeutischen Definitionswust gefunden haben.
Im Nachfolgenden versuchen wir die Begriffe „Inneres Kind“, „Anteile“, „Ego States“ und „Innenpersonen/Multiple Persönlichkeit“ einfach mal mit unseren eigenen Worten zu erklären und voneinander abzugrenzen.
„Inneres Kind“ / „Anteile“
Das innere Kind oder die Arbeit mit dem inneren Kind stellt ein therapeutisches Hilfskonstrukt dar.
Es ist eine Imagination, die wohltuend ist und bei der Heilung helfen soll. Im Grunde das gleiche Prinzip wie die „Tresorübung“ oder der innere sichere Ort.
Das innere Kind agiert nicht aktiv, genauso wenig, wie einen der Tresor von sich aus anquatscht und fragt, ob er was verschließen soll. Man benutzt die Vorstellung, wenn man sie braucht und nicht umgekehrt. Man kann sich fragen, was das innere Kind zu bestimmten Themen sagen würde, sich vorstellen, wie es reagiert oder sich fühlt und es dementsprechend in der Vorstellung versorgen. Auf diesem Weg kann eine gewisse Nachreifung von Facetten der Gesamtpersönlichkeit entstehen. Es ist jedoch nicht abgespalten und es quatscht auch nicht den Kopf voll. Wenn, dann stellt man sich vor, was es gerade sagen würde.
Bei anderen „normalen“ Anteilen verhält es sich ähnlich. Es wird sozusagen eine Facette der Gesamtpersönlichkeit für die Therapie herausgegriffen und genauer betrachtet, z.B. ein wütender Anteil oder der Berufsanteil. Es handelt sich jedoch immer um die EINE gleiche Person. Die Person weiß, dass sie manchmal kindlich, wütend, funktional, etc. sein kann und kann das auch willentlich beeinflussen.
„Abgespaltene Anteile“ / „Ego States“
Abgespaltene Anteile der Persönlichkeit entstehen durch Traumata.
Passiert ein Trauma werden die emotionalen Aspekte des Traumas abgespalten. Es entsteht also ein traumanaher Gefühlsanteil. Die betroffene Person hat in der Folge ein normales Alltags-Ich, das vom Trauma distanziert, eher betäubt und teilweise amnestisch dafür ist. Der beim Trauma entstandene emotionale Anteil trägt die emotionalen Aspekte des Traumas. Dieser taucht z.B. durch Triggerung wieder auf und schwemmt dann die Wiedererlebensqualitäten zurück ins Bewusstsein.
Die folgenden beiden Stufen der Abspaltung – Ego-States und Multiple Persönlichkeit – sind sogenannte „Komplextrauma Stufen“, d.h. Abspaltungen, die nur durch wiederholte Traumata entstehen.
Wiederholt sich die Gewalt oder die Traumatisierung, kommt es zur chronischen Abspaltung von grundlegenden Funktionen in „Teilpersönlichkeiten“, z. B.: Schreckhaftigkeit, Fluchtreflex, Kampfreflex, Schreckstarre, Unterwerfung, Rückzug nach der traumatischen Erfahrung…
Sie kommen wieder sobald der Organismus in Not gerät und das Alltags-Ich kann zunächst relativ wenig gegen diese automatischen Reaktionen tun. Man unterscheidet zwei Arten dieser „Teilpersönlichkeiten“. Die sog. „Affect States“ und die „Ego States“, also Gefühlszustände und Ichzustände.
Beispiel für einen „Affect-State“: Eine Frau leidet darunter, dass sie sehr wütend wird und ihr Gegenüber attackiert, wenn Sie unter Druck gerät und nicht weiß, wie sie diesen regeln kann. Der traumanahe Persönlichkeitsanteil „Kampf“ ist aktiviert worden, um das Problem zu lösen. Der Zustand ist aber keine „Person“, sondern ein sehr heftig und unkontrollierbar erlebter Gefühlsausbruch.
Beispiel für einen „Ego-State“: Eine Frau wirft sich in bestimmten Situationen jeden Mann an den Hals und geht mit jedem Mann ins Bett, obwohl das sonst eigentlich nicht ihrer Persönlichkeit entspricht. Der Anteil, der dann nach vorne rutscht, hat „gelernt“ sich jedem Mann anzubieten, der sie haben will.
Jeder dieser Zustände enthält nur noch bestimmte Teile und Facetten der Ursprungstraumata und nicht mehr, wie oben beschrieben, das komplette Trauma.
„Innenpersonen einer Multiplen Persönlichkeit“
Hat extreme Gewalt ihren Beginn vor dem 5. Lebensjahr, kann dies zur Entstehung einer Multiplen Persönlichkeit mit mehreren Innenpersonen führen.
Neben Persönlichkeiten, die Aspekte der erlittenen Traumata tragen, entstehen hier, im Gegensatz zur Ego-State-Disorder, auch mehrere Persönlichkeiten, die keine traumatischen Erinnerungen oder traumanahen Zustände tragen, sondern andere Funktionen für das System übernehmen und sich Alltagsaufgaben teilen. Sprich, hier war das Leben so unerträglich, dass es nicht nur mehrere Persönlichkeitsanteile brauchte, um die Traumaerfahrungen aufzuteilen, sondern auch mehrere Personen, um den Alltag zu bewältigen. Bei der DIS kann es auch zu Mischungen von alltags- und traumanahen Anteilen kommen, z.B. eine harte, wütende Alltagspersönlichkeit oder eine sensible, fürsorgliche Alltagspersönlichkeit.
Jede/r dieser Persönlichkeiten hat im Laufe der Zeit Seine/ihre eigene „Lebensgeschichte“, eigene Ansichten, Charakterzüge, Aufgaben und Vorlieben entwickelt. Die ursprünglichen Anteile haben sich also immer weiter ausdifferenziert und sind zu eigenständigen Innenpersonen geworden.
Wir persönlich mögen die Bezeichnung als vollabgespaltene Persönlichkeitsanteile hier nicht, weil es für uns schlicht nicht stimmt und nicht zu unserem Erleben passt.
Die Dissoziation ist so tiefgreifend, dass es auch im aktuellen Alltagserleben und nachdem die Gewalt zu Ende ist zu Zeitlücken kommt. Bei Wechseln von einer Persönlichkeit zu einer anderen kommt es oft zu Amnesien. Die Eine weiß dann nicht, was die Andere tut oder in der Zwischenzeit getan hat, bis sie wieder vorne ist.
Der Wechsel zwischen den Persönlichkeiten ist hier meist nicht mehr willentlich beeinflussbar.
Soweit also nun zunächst unsere Erklärungen. Wir hoffen sie sind verständlich und wir haben nichts wichtiges vergessen!
Sonst dürft ihr auch gerne Fragen stellen, wir versuchen es dann so gut wir können zu erklären.
Das Alltagserleben von multiplen Persönlichkeiten wollen wir eventuell demnächst noch etwas genauer beschreiben, weil wir gemerkt haben, dass es doch recht schwer ist, das so kurz zu fassen.
Guten Morgen!
Bis gestern saß ich noch in einem Regal in einem Geschäft und beobachtete das rege Treiben der Weihnachtszeit.
Dann kam eine junge Frau vorbei, in sich ein kleines Mädchen, das mich strahlend anlachte und in sich selbst hinein sagte: „Guck mal! Wie süß!“
Ich lächelte zurück.
„Darf ich es haben?“, fragte das Mädchen die Frau, nahm mich aus dem Regal, drückte mich kurz und nahm mich an der Hand.
Mein blauer Monsterbauch fing an zu kribbeln vor Aufregung. Endlich raus aus dem Regal. „Hui, was da wohl auf mich zukommt!?“
Im inneren der Frau klangen die Gedanken ihrer Kinder, bis sie sich irgendwann etwas geordnet hatten und die Entscheidung, dass ich mitkommen darf, endgültig gefallen ist.
So tapsten wir gemeinsam zur Kasse und verließen gemeinsam Hand in Hand den Laden. Die Frau, die Kinder und ich. Es war schon dunkel geworden und ich genoss die kühle Nachtluft. So deutlich hatte die Frau ihre Kinder lange nicht mehr gespürt. Ich habe wohl die Gabe die Erwachsenen sanft mit sich und den Innenkindern in Kontakt zu bringen. Zu Hause angekommen zeigte das kleine Mädchen mir die Wohnung und setzte sich mit mir auf das Sofa zum Fernsehen. Nachts durfte ich mit im Bett schlafen. Wir mögen uns.
Heute ist also der erste Tag in meiner neuen Familie.
Die junge Frau hat diesen Blog, auf dem Sie von Zeit zu Zeit schreibt. Heute darf ich mich vorstellen und manchmal werde ich vielleicht in Zukunft hier auch über meine Weltsicht schreiben oder auch mal stellvertretend die der Kinder wiedergeben. Die wollen auch eine Stimme. Sie gehören ja zu der jungen Frau.
Jetzt wünsche ich euch einen schönen dritten Advent und freue mich darauf, hier vielleicht ab und zu mal vorbeizuschauen!
Es grüßt ganz herzlich,
das kleine blaue Monsterchen