Mutterschmerz, Trauer und Alltag ohne Kompromisse

Draußen ist es feucht. Immer wieder fällt ein schwerer Tropfen vom Himmel. Die herbstlichen Nebelschwaden des Morgens verziehen sich langsam und verschmelzen zu klarer Luft. Im großen Baum neben dem Haus zwitschern die Vögel. Der kalte Wind durch die Balkontür lässt meine Beine frösteln. Im Kopf pocht Traurigkeit. Verzweifelt knete ich das kleine Stofftier in meinen Händen. „Ich vermisse sie“, weint mein Kopf. In den Gliedern weilt reglose Starre. Manchmal schaffe ich es recht gut meinen Alltag zu regeln und mich etwas von dem Innen zu distanzieren. An anderen Tagen überrollt uns eine Welle der Emotion. Sie trifft inzwischen auch das Heute. Je näher wir uns kommen, um so weniger ist es möglich in mehreren Welten gleichzeitig zu existieren ohne sich gegenseitig zu beeinflussen. Immer mehr kann ich das akzeptieren. Es ist gut sich zu spüren, weil es gesünder ist und so fühlt es sich trotz all dem Schmerz auch an. Heute vermissen wir sie – unsere Kleinen, die einst in unserem Bauch wohnten. Mutterschmerz.

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Ich wollte nie

Ich wollt‘ mich nie entscheiden –
weder für euch noch für mich.
Wollte immer einfach nur da sein,
doch diesen Ort den gab es nicht.

Ich wollte nicht mehr oder weniger lieben
oder einen Elternteil besser finden,
denn in mir wäre eigentlich Platz gewesen
um mich an mehrere Menschen gleichzeitig zu binden.

Ich wollte nie Papas Frau sein
oder Mutters Mutter ersetzen,
denn am Ende bleiben davon im Herzen
nur bittere Erinnerungsfetzen.

Ich wollte nie mit all den Männern schlafen,
und dabei mich selbst vergessen um zu überleben.
Doch in all den schrecklichen Jahren
konnte niemand einfach bedingungslos geben.

Ich wollte niemals allein sein
und in der Ecke mein Dasein fristen,
doch allein sein war irgendwann besser,
als all die Männer und Folter und enge in Kisten.

Ich wollte nie euer Kind gebären
und all die menschliche Grausamkeit sehen,
aber ihr habt bestimmt mit eiskalter Hand –
vom Samen bis zu den Wehen.

Ich wollte nie euer Roboter sein
und dennoch habt ihr mich dazu gemacht,
denn wenn andere vor Schmerzen schreien,
ist es das, worüber ihr lacht.

Ich wollte nie gebrochen sein
und in tausende Teile zersprungen,
aber alleine hätte ich sicher die Qualen
niemals bis heute bezwungen.

Ich wollte immer nur ich sein
und gut und geliebt genau wie ich bin
und mein Herz, es wäre erfüllt gewesen,
denn nur so macht das Leben auch Sinn.

© Copyright by „Sofies viele Welten“

Mutterschmerz

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Schmerzwellen fluten unser sein.
Sie tragen unterschiedliche Namen.
Mal ist Ebbe, dann wieder Flut. Aber das Meer ist immer da.
„Verrat“ und „Verzweiflung“ und „Überforderung“ und „Kindheitsschmerz“ und „Schutzlosigkeit“ schreien sie gegen meine Synapsen, bis mir vor Seelenkummer fast der Kopf platzt. Es rüttelt mich. Mein Körper vibriert. Jede Faser schüttelt sich. „Wo warst du, schützende Mutter!?“ „Und wo bist du heute!?“
Meine Not nimmt sie nicht an. Sie kämpft ihren Kampf und lässt mich darin untergehen. Sie tut ihr Bestes, aber ist das Beste auch genug? Das sind die Momente, in denen klar wird, weshalb wir viele sind. Es gibt die aktiven Täter und eine Muttertäterin, die vor allem mit Passivität glänzt. Mit ihrem Nicht-Eingreifen, dem Nicht-Verstehen und dem Nicht-Sehen-wollen. Egal was passierte, die Verantwortung blieb alleine bei uns.
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Schneeglöckchenbabys

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Ein Scheeglöckchen hebt inniglich
empor zur Frühlingssonne sich.
Leutet den Menschen nah und ferne
von neu gewonn‘ner Lebenswärme.

Zwar steckt es noch in Kinderschuhen,
doch wächst es ohne auszuruhen
Bis laut und kräftig es verkündet:
Der Frühling kommt, der Winter endet. 

© Copyright by „Sofies viele Welten“

Kinder erwünscht!?

Die lieben Sonrisas haben beim Beitrag für euere Fragen das Thema des Kinderwunsches aufgeworfen. Dem möchten wir uns hier in diesem Beitrag nun widmen.

Für uns selbst ist diese Frage schon immer ganz klar zu beantworten. Ja, wir wollen Kinder und wir freuen uns auch auf die Mutterschaft. Ich habe keine Angst davor, dass es meine Kinder in irgendeiner Form nicht gut bei uns haben werden. Sicher kann es passieren, dass wir Fehler machen. Die machen aber nicht traumatisierte Eltern ebenso. Ich bin der Meinung, dass wir ausreichend reflektiert sind und therapeutische Hilfe in Anspruch genommen haben, um verantwortungsbewusst mit unserer Geschichte umgehen zu können und sie nicht einfach auf’s Kind zu projizieren. An dieser Stelle möchte ich sogar behaupten, dass Kinder, die bei entwicklungswilligen traumatisierten Müttern aufwachsen bessere Chancen auf eine gute Kindheit haben, als Kinder, die mit Elternteilen aufwachsen, die im Bezug auf Gewalt frei nach dem Motto „Mir hat’s doch auch nichts geschadet“ agieren. Egal ob komplexe Traumata in der Vorgeschichte bestehen oder nicht, halte ich die reflektierte Auseinandersetzung mit Gewalt in all ihren Formen und den eigenen Ebenen von Betroffenheit für eine gute Mutterschaft ohnehin für unabdingbar.

Natürlich kann eine Viele-Mama auch mit sehr speziellen Problemen zu kämpfen haben und extreme Gefahren für das Kind mitbringen. Das sehe ich vor allem dann gegeben, wenn die eigene Sicherheit noch nicht gewährleistet ist und der Täterkreis nach wie vor Zugriff auf ihr System hat. Aber nicht nur die Täter könnten dann eine Gefährdung darstellen. Auch im Innensystem muss klar sein, dass keine Übergriffe, Gewalt oder Reinszenierungen auf das Kind bezogen stattfinden dürfen. Des Weiteren, sollte man sicher als Persönlichkeitsteam so stabil sein, dass man das Kind gut versorgen kann und es eine kompetente, nicht ständig ambivalente Mutter vor sich hat. Wechsel von Innenpersonen müssten an dieser Stelle kindgerecht und altersentsprechend kommuniziert werden. Ich finde es nicht zwingend dramatisch schlimm, wenn es Phasen gibt, in denen einem Elternteil mal alles zu viel ist oder man sehr traurig ist und Unterstützung braucht. Das ist nichts Furchtbares. Es ist aber ganz entscheidend, dass die Mutter sich bei Bedarf auch Hilfe sucht und annimmt. Ich glaube es geht mehr darum, wie gut sie letztlich dem Kind klären kann, was mit der Mama los ist ohne die Verantwortung abzuschieben oder aus dem liebevollen Kontakt zu gehen. Sie muss als Vertrauensperson beständig ansprechbar sein. Dafür braucht die Mutter auch ein Gefühl für gesunde Grenzen und zwar sowohl auf Seite des Kindes, als auch für ihre eigenen. Im besten Fall ist da wohl schon etwas an Therapiearbeit vorweg geleistet. Für uns ist klar, dass die Erziehung eines Kindes viele Triggerpotentiale beinhaltet, denen wir uns schon vor der Schwangerschaft bewusst sind. Hierfür wollen wir zumindest bereits theoretisch Strategien und „Trockenübungen“ für den Umgang haben, bevor unser Baby schlüpft. Die Realität wird dann sicher ohnehin nochmal fordernder.

Probleme und Schwierigkeiten kann es also in jeder Familie geben. Ob mit oder ohne DIS, Mono- oder Komplextrauma oder auch als komplett traumafreier Mensch – es gibt in jeder Sparte völlig ungeeignete Elternpersönlichkeiten und sehr gute und liebevolle Eltern, die ihre Aufgaben ernst nehmen.
Wenn es im Elternleben wirklich mal dick kommt, ist man Gott sei Dank als Eltern immer mindestens zu zweit. Der Vater ist ja schließlich auch noch da. Die DIS ist für mich sicher kein Grund keine Kinder zu bekommen. Genau so wenig, wie die traumatischen Erfahrungen als einen Makel an unserer Person gesehen werden können. Ich halte mich durchaus für eine starke Löwenmama mit ganz vielen bunten Facetten, die ich meinem Nachwuchs mal zu bieten habe. Darauf gespannt bin ich jetzt schon und freue mich sehr auf die Zeit.