In die Welt gedacht

Ich sitze am Tisch und stochere mit dem Löffel in meinem Müslijoghurt. Ein Korn mag sich nicht beißen lassen. Egal wie sehr ich es mit der Zunge durch den Mund von einem Zahn zum nächsten Schubse – an seiner Hülle tut sich nichts. Irgendwann sortiere ich es aus, weil es wie Stroh unnachgiebig hölzern bleibt. Mein Kopf ist müde und so spare ich mir aus diesem unwichtigen Fakt die Geschichte der spröden Kornfee zu machen. „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann kauen sie noch heute“ wäre ohnehin ein armselig abgedroschener Schluss. Der Mülleimer leistet mir statt dessen gute Dienste.

Weiterlesen

Abend süß-sauer 😊

Mein Mund zieht sich vor Säure zusammen. Schief verziehe ich das Gesicht und kräusle dabei die Stirn. Während ich einen Schluck aus der Wasserflasche nehme, merke ich, dass selbst die Zähne sich von dem sauren Geschmack stumpf anfühlen. Im Gesicht entwickelt sich Hitze. „Hui.“ Damit hatte ich nicht gerechnet. Rahbarberkompott schmeckt also nicht ohne Zucker. Hätte ich in eine frische Zitrone gebissen, wäre der Effekt nicht anders gewesen, außer, dass ich mich darauf einstellen hätte können. Da habe ich die rot-grünen Gemüsestangen wohl unterschätzt. Unvorhergesehener Weise bin ich jetzt hell wach und orientiert. Es sieht ganz danach aus, als kann man sich Skills auch zubereiten. „Eine Portion Orientierung aus dem Kochtopf, bitte.“ Da ich allerdings für den Moment genug davon habe, dosiere ich mir ordentlich Zucker nach. Ich schmecke dann doch lieber die Süße des Lebens, wenn ich Desserts esse.

Weiterlesen

Körper im Erschöpfungsschlaf

C143B1B0-F9B0-4952-86ED-790CE438B3FE

Ich sitze auf meinem Bett. An die kühle Wand gelehnt stützt ein Kissen meinen Rücken. Das Handydisplay verrät mir die Tageszeit. 20:30 Uhr. Ich bin wach. Zum ersten Mal an diesem Tag länger als wenige Minuten. Gestern um neun vielen mir plötzlich die Augen zu. Nach zwölf Stunden Schlaf weckte mich die Katze. Wach war ich nicht. Aus einem fernen Nebel bleierner Müdigkeit registrierte ich ihre bitte nach Futter und Freigang. Mit Mühe schleppte ich mich ins Bad und zur Toilette. Nach der kurzen Versorgung meiner Tiger landete ich erneut an der Stelle, aus der ich mich eigentlich soeben erst erhoben hatte. Im Bett. Wenig später fiel ich erneut in komatösen Schlummer.
Weiterlesen

Etikettenschwindel

nature-3306842_1920

Mich fröstelt. Eigentlich stand „Sommer“ auf dem Tag, als ich mich heute morgen darauf eingelassen habe. Damit verband ich auch, dass man um 22.00 Uhr noch im T-Shirt auf dem Balkon sitzen kann, ohne direkt zu erfrieren. Wiederwillig krieche ich zurück in die Wohnung und unter die Bettdecke. Im Winter würde ich mir jetzt heißen Tee kochen. Nun trinke ich kalte Limo. Aus Protest. Denn ich bin genervt. Den ganzen Tag haben wir gearbeitet und geschwitzt. Alles was wir wollten, war die warme Abendluft auf dem Balkon genießen. Das fällt nun aus. „Bääääääääh“, mach ich und strecke den Temperaturen trotzig die Zunge raus.

Die Katze hat sich bereits neben uns auf dem Sessel eingerollt. Der Kater atmet ruhig. Seine Ohren verfolgen unsere Geräusche und ein Junikäfer summbrummt herein. Ungelenk torkelt er über den Teppich. Meine Beine hoffen, dass er den Weg nach draußen von selbst wieder findet. Seit den letzten Tagen macht eine ganze Armee seiner Kollegen die Gegend unsicher. Häufchenweise bekomme ich die Käfer zum Frühstück als Geschenk von Frau Katze, die über Nacht fleißig auf Jagd war.

So langsam geht dem Tag die Luft aus. Unsere Worttippseleien verstummen ebenso. Für heute ist irgendwie alles gesagt. Unser Kopf möchte nur noch Ruhe und die Wärme genießen, die das Zimmer bietet. Wir schalten ab. Die Gedanken und den PC.

Bis Morgen und gute Nacht!

Sterne um Mitternacht

Es ist fast Mitternacht.
Wir sitzen auf dem Balkon und starren in die Sterne. Die Straßenlaterne stört mit ihrer Lichtverschmutzung. Eine dicke Decke hält uns warm. Wir sind leer. In den Augen warten Tränen darauf geweint zu werden. Die Dunkelheit ist kühl. Wenn mich nur der alltägliche Stress ebenso kalt ließe.

Wir könnten Sterne zählen am Himmelszelt. Wie damals. Sie sind das Licht in der Nacht. Diese weißen Silberpunkte glitzern am stärksten auf dem schwarzen Hintergrund und plötzlich ist da außer unserer Welt noch etwas anderes. Es gibt einen Kosmos, den wir im hellen gar nicht hätten sehen können. Die Zeit fliegt vorüber. Die Wunden bleiben.

Eine Grille zirpt.

Ich gehe nach drinnen und greife zum Telefon.
Freundschaft ist wie die Sterne am Himmel. Sie macht die dunkelsten Stunden heller. Wir wechseln einige Worte, ehe wir einschlafen.

Als wir aufwachen pfeifen die Vögel.
Die Dunkelheit ist längst vergangen. Wir fühlen uns gerädert. Wir leben zu wenig. Unsere Berufung ruht.

Möge sie bald wieder fließen…

Merci Frühling

Die Sonne scheint.
Ich liege auf meinem Bett und blicke zum Fenster. Die Luft flirrt vor Energie. Im Ausschnitt des glasigen Fensterrahmens wiegen kurz vorm Himmel kaum sichtbar die Birkenäste. Ich richte mich etwas auf. Wie Haare fallen die dünnen, langen Zweigspitzen an den Astenden nach unten. Berkana, die Lichtbringerin mit weißem Stamm, säuselt von Frühling. Ob sie eine Botschaft habe, frage ich sie. „Das Leben ist bunt“, sagt sie. „Schwarz-weiß bunt wie mein Stamm und das Licht lässt die Farben wachsen grün wie die Hoffnung.“
Der Moment ist sinnlich. Ich beiße in das Dunkel. Schwarz ist die Schokolade, die wenig später in meinem Mund beginnt zu schmelzen. Der Saft schießt in den Birkenstämmen vor dem Haus. Sie sind wieder voll mit Leben. Ihre weiße Farbe hat das Holz in der eisigen Kälte vor Frostbruch bewahrt. Den Temperaturunterschieden durch die schrägstehende Wintersonne wäre sie mit braunem Rindenantlitz nicht gewachsen. Ihre Maske hat sie vor tieferen Schäden bewahrt. Nun im Frühjahr kehrt sie lebendig zurück. Ihre Lebensgeister erwachen. Bittersüß ist der Geschmack in meinem Mund. Er spiegelt den Nachgeschmack des Winters ebenso, wie den der Nacht. Wir hängen unseren Gedanken vom werden und vergehen nach. Dann essen wir langsam das letzte Stück des schokoladigen Rippchens. Als der letzte Hauch meine Kehle durchzieht, kehre ich mit meinen Sinnen ins Jetzt zurück. Die dunkle Jahreszeit ist gerade vorbei. Nun stehen wieder helle Stunden vor der Tür. Ich stehe auf. Es zieht mich nach draußen. Mein Blick fällt auf das zerknüllte Schokoladenpapier. Mein Tag startet.

„Merci, dass es dich gibt!“ 🙂

Katzenträume

Die Katze ist gerade dabei es sich auf unseren Oberschenkeln gemütlich zu machen. Wir sind müde und doch wach. Es ist mitten in der Nacht. Im Kopf bewegen sich Gedanken. Sie suchen einen Schlafplatz.
Eigentlich ist Sommer. Diese Sommernacht ist kalt. Wir ziehen uns die Decke bis zum Kopf. Zu warm. Füße wieder raus. Unser traumageschädigter Darm macht einen Gluckser – wohl eher nicht vor Freude. Eine zweite Fellnase schaut uns auf einmal tief in die Augen. So tief, dass die Schnurrhaare unsere Wangen kitzeln. Schnurren, Treteln und ein lautloses: „Du liegst falsch. Könntest du bitte endlich die Seite wechseln und mich streicheln!?“ Wir kommen der Bitte nach. Die andere Seite war eigentlich bequemer. Mit der Hand im weich-warmen Katzenfell kommen die Kinder zur Ruhe. Ein Lächeln huscht über die traurigen Lippen. Bald wollen die Augen schlafen. Mit beiden Katzen im Arm schlummern wir ins Land der Träume.
Danke, kleine Katzentherapeuten!

Tröstlicher Selbstmord

„Der Gedanke an Selbstmord ist ein starkes Trostmittel: Mit ihm kommt man gut über manche böse Nacht hinweg.“

Friedrich Nitzsche