Kleines 1×1 zum Umgang mit Therapeuten, die gerade von einer Fortbildung oder Supervision kommen ;-)

Kurz vorab: Wir möchten betonen, dass der folgende Text mit einem lächelnden Augenzwinkern geschrieben ist und wir den Einsatz und die Fortbildungsbereitschaft zum Thema „Multiple Persönlichkeit“ und „Rituelle Gewalt“ sehr schätzen. Auch wir haben durchaus davon profitiert und wären ohne den unermüdlichen Einsatz unserer Therapeutin heute sicher nicht da, wo wir jetzt sind. Trotzdem gibt es einige Supervisions- und Fortbildungsreaktionen, die uns immer wieder begegnet sind, über die wir teils schmunzeln mussten, mit denen wir teilweise aber auch richtig zu kämpfen hatten. Aus aktuellem Anlass, haben wir nun also diesen nicht an jeder Stelle ganz ernst gemeinten Survivalguide für die ersten Therapiestunden danach verfasst:

Es ist mal wieder so weit. Die Therapeutin kommt von der Fortbildung oder Supervision zurück, auf der sie versucht hat herauszufinden, wie sie Ihrer Patientin mit ritueller Gewalterfahrung noch besser helfen kann. Im Gepäck viel neues Mal-mehr-mal-weniger-(Schein)Wissen, das in die Tat umgesetzt werden will und oft eine zutiefst verunsicherte Therapeutenseele, die sich fragt, ob sie bisher wirklich so viel übersehen und falsch gemacht hat, dass sie es jetzt auf jeden Fall gleich viel besser machen will. Aber wie gut, dass die Kollegen, da mehr Erfahrung hatten. Trotz aller entstandenen Selbstzweifel ist sie überglücklich, dass sie jetzt die Lösung für so lange unlösbar erscheinende Probleme kennt. Puh, na endlich…
Und da beginnen sie, die Therapiestörungen.
Wie also jetzt mit der Therapeutin umgehen, um ihr schonend beizubringen, dass vieles von dem, was sie jetzt für die absolute Lösung und Erleuchtung hält, so nicht umzusetzen ist, weil ein individueller Mensch vor ihr sitzt und kein Lehrbuchdummy? Wie erklären, dass die Theorie wirklich mega ist, die Praxis aber weniger? Wie ihr leidendes Selbstvertrauen wieder soweit aufbauen, dass Sie einfach wieder ihren eigenen Gefühlen vertraut? Immerhin kennt sie euch ja persönlich und nicht ihre hochgeschätzten Kollegen. Wie ihr liebevoll beibringen, dass nicht alles umsonst war? Wie selbst dabei den Kopf oben behalten und nicht in dem, was da so auf einen einstürmt, untergehen?

1. Bleibt ruhig!
Das ist besonders wichtig! Atmet erst einmal tief ein und aus. Was euch jetzt erzählt wird, scheint euerer Therapeutin vielleicht als der Rettungsanker oder Lösungsansatz schlecht hin. Vielleicht erzählt sie euch auch von Gruppenstrukturierungen oder anderen Dingen, bei denen dir und den Innies nur so die Ohren schlackern, Fragezeichen um den Kopf schwirren oder die so für euch einfach schlicht nicht stimmen. Lasst ihr für einen kurzen Moment die Freude, bevor ihr sie wieder mit der harten Realität konfrontiert.

2. Fange nicht an, an dir/euch zu Zweifeln
Manchmal ist es nicht leicht in dem Durcheinander der Therapeutin die Übersicht zu behalten. Wenn ihr dann noch die neuesten Erkenntnisse präsentiert bekommt, wie das Leben bei anderen Multis angeblich funktioniert und ihr euch darin so gar nicht wiederfindet, ist es ganz schön schwer nicht in eine Zweifelkrise abzurutschen. Doch denkt an Punkt 1 und bleibt ruhig! Ihr werdet die Gelegenheit bekommen, euere Sicht der Dinge darzulegen. Und ihr seid ein Individuum. Das ist auch bei Multis so!

3. Bestätigt euerer Therapeutin, dass es wirklich toll ist, dass sie sich so fortgebildet hat
Lob ist für die zarte Therapeutenseele sehr wichtig! Drum bestätigt sie in ihrem Tun. Sagt ihr, dass ihr es schätzt, dass sie sich so bemüht und was ihr sonst noch so gut findet. Schließlich soll sie ja nicht demotiviert, sondern nur zurück auf eine zusammenarbeitsfähige Spur gebracht werden. Seid einfühlsam, versteht ihre Not und zeigt Verständnis.

4. Übt sanfte Kritik
Jetzt, wo die Therapeutin ausreichend stabil erscheint, ist endlich der Moment gekommen, in dem ihr anfangen könnt, in euerem Sinne Kritik zu üben oder die neuen Arbeitsweisen gezielt zu hinterfragen. Geht dabei unbedingt sanft vor. Therapeuten sind empfindliche Wesen, die nicht destabilisiert werden sollten!

5. Gebt ihr Zeit damit umzugehen
Es wird vielleicht etwas dauern, bis sie mit der Verunsicherung, die die ganzen neuen Einblicke hinterlassen haben, umgehen kann. Sie hat etwas über Gewalt und Hintergründe erfahren und ihr Weltbild wurde erschüttert. Habt Geduld. Sicher ist bald schon wieder alles gut!

6. Helft euerer Therapeutin das neu gelernte zu integrieren
Zeigt ihr, wie sie das theoretisch gelernte sinnvoll einsetzen und mit der individuellen Person, die vor ihr sitzt, verbinden kann. Lasst Sie mit dem neuen Wissen nicht alleine stehen, denn sie kann oft zunächst nichts damit anfangen, weil ihr dafür schlicht die Einblicke fehlen. Helft ihr also einzuordnen. Erklärt ihr, was gut ist und was nicht und warum. Sagt ihr, dass die Fortbildung oder Supervision nicht umsonst war. Zeigt ihr ihre „Therapiefortschritte“ auf.

7. Bringt ihr bei auf Ihr Gefühl, Ihr Wissen und Ihre innere Stimme zu vertrauen
Wenn ihr das schafft, habt ihr viel gewonnen! Für jetzt und für alle zukünftigen Fortbildungen und Supervisionen. Zeigt ihr, dass Sie, selbst wenn sie Anfänger ist, therapeutisch diejenige ist, die in der Arbeit mit euch am besten weiß was zu tun ist, weil sie euch kennt. Ebenso seid Ihr die Experten für euere Geschichte und was für euch wirklich hilfreich ist. Das wird sie also nur von euch erfahren. Ermutigt sie im persönlichen Umgang mit euch bei Ihren eigenen Eindrücken zu bleiben, das Gespräch zu suchen und euch nicht aus Unsicherheit irgendetwas überzustülpen.

8. Ihr seid ein Individuum, das individuelle Behandlung erfordert
Ein wichtiger Punkt, der gerade bei überlebenden von Ritueller Gewalt gerne übersehen wird. Auf der Fortbildung hat sie z.B. gehört, dass Täterkontakt bei euch wahrscheinlich ist und ihr habt euere liebe Not ihr jetzt beizubringen, dass bei euch gerade aber keiner besteht und ihr trotzdem instabil seid. Oder es gibt eine wunderbare neue Übung, wie man belastende Dinge einfach wegpacken kann und es will bei euch einfach gar nicht funktionieren. Der Beispiele gibt es noch viele. Macht ihr klar, dass auch multiple Menschen individuell sind und jeder eine individuelle Geschichte hat. Oft leider gar nicht so leicht… Doch wenn ihr es geschafft habt, dass sie sich ihr eigenes Bild macht und die Behandlungsschritte/Methoden mit euch erarbeitet, habt ihr einen weiteren großen Meilenstein geschafft.

9. Lobt euch selbst, dass ihr diese schwierige Phase mit euerer Therapeutin durchgestanden habt
Vergesst euch nicht selbst und lobt euch auch! Denn es war anstrengend. Ihr habt einen Menschen durch eine schwierige Phase seines Lebens begleitet. Das ist nicht selbstverständlich!

10. Lobt euch gegenseitig, dass ihr zusammen geschafft habt, dass euer Verhältnis weiter gut ist
Es ist so schön am Ende festzustellen, dass die Beziehung nicht kaputt gegangen ist und vielleicht sogar noch etwas enger geworden ist, weil ihr euch aufeinander eingelassen habt. Respekt!

Und zum guten Schluss genießt einfach die Zeit bis zur nächsten Fortbildung oder Supervision… 😉

Von paranoiden Therapeuten und unwissenden Patienten

Am Wochenende ging es uns ziemlich schlecht.
Die Therapeutin rückte an, um eine Therapiestunde mit uns zu machen.
So weit, so nett….

Aus der Therapiestunde wurde dann allerdings eine Predigt, die uns radikal über UNSER Leben aufklärte und was wir darüber alles gar noch nicht wissen.
Wir staunten nicht schlecht.
Anscheinend haben wir keine Ahnung, was in unserem Leben passiert.
Ganz offensichtlich wissen wir nichts über die Strukturen in denen wir aufgewachsen sind und noch weniger über die Welt in der wir heute Leben.
Ist auch irgendwie klar. Wir haben nie eine Fortbildung dazu besucht.
Und noch weniger wissen wir, wo uns gerade überall Täter aus organisierten Täterstrukturen auflauern. Jede noch so kleine normale Ungereimtheit wird mittlerweile als geplanter, bösartiger Angriff organisierter Täterstrukturen gesehen.
Wir haben übersehen, dass der erste nette Arzt seit Jahren, der uns ernst nahm und uns wirklich weiter hilft, wahrscheinlich ein höchst gefährlicher versteckter Täter ist. Warum liegt für die Therapeutin völlig klar auf der Hand: Es sind trotz mittlerweile mehrwöchiger Behandlung noch nicht alle körperlichen Probleme weggewischt.
Der hält uns nur hin! Hier kommt der Punkt, an dem uns dann auch noch bedrohlich klargemacht wird, dass Sie zur Polizei geht, alle noch so logischen Einwände  sind Nebensache angesichts der übermäßigen Bedrohung, die in Ihrer Phantasie von diesem Arzt und sowieso allem ausgehn.
Logisch muss das, was Sie so von sich gibt anscheinend auch nicht sein.
Ich fand das bis jetzt immer klar, dass es seine Zeit dauert, bis sich ein Körper erholt.
Die Krönung bei allem ist dann, dass Sie uns Amnesien unterstellt, die wir nicht haben, weil sie besser beurteilen kann, dass wir im Alltag einfach weg sind und uns immer noch furchtbare Dinge passieren.
Was wir dazu zu sagen haben zählt nicht. Wir wissen ja nix darüber… Woher auch!? Weh tut es trotzdem. Ja, wir haben mit Amnesien zu kämpfen, aber gerade dann muss man Sie uns nicht noch an Stellen unterstellen, wo keine sind.
In jedem Autokennzeichen vermutet Sie mittlerweile eine versteckte Botschaft über die Gruppierung, in der der Besitzer des Fahrzeuges sich bestimmt befindet und der Sie somit verfolgt. Und wehe dem es ist auch noch irgendwo eine 6 enthalten…
Zudem wird mir jedes Mal dann ein Wechsel oder Programme unterstellt, wenn wir für Sie unangenehme Dinge auf den Tisch bringen, die mit Schwierigkeiten in der therapeutischen Beziehung zu tun haben oder ich bei solchen Aussagen wie oben gereizt reagiere.

So ist leider nun das Ende der Therapie bei dieser Therapeutin besiegelt.
Es war schon länger Krisenhaft und irgendwie abzusehen.
Nach dem Ausfall in der letzten Stunde ist es nun klar.

Wie wir Ihr das sagen ist noch die Frage, ist doch jetzt schon klar, dass es nicht an Ihrem Verhalten liegt, dass wir nicht weiter machen wollen, sondern daran, dass wir von irgendjemanden dazu gezwungen werden die Therapie zu beenden… 😦

Wieder vertraut.
Wieder verletzt.
Wieder eine neue Suche…