Darüber reden können wir, wenn Sie stabil genug sind…

Aus unseren Therapieversuchen kennen wir Aussagen, wie: „Du darfst jetzt nicht darüber sprechen. Das wäre nicht der richtige Zeitpunkt. Das wäre gerade zu schwer.“
„Für wen?“, wollten wir dann oft gerne nachfragen. „Für uns oder für Sie!?“
Wir dürfen nicht über unsere Vergangenheit sprechen, werden wieder zum Schweigen gezwungen und es wird uns auch noch als Fürsorge verkauft. Dabei hatten wir da nicht selten das Gefühl, dass es eher die Therapeutin ist, die jetzt Angst bekommt, was ihr da so erzählt werden könnte und versucht sich so zu retten.
Es ist ohne Frage nicht sinnvoll tief in die Erinnerungsarbeit einzusteigen, wenn man gefahr läuft dabei wegzudissozieren. Das bringt nicht nur nichts, weil es das Gehirn nicht im Bewusstsein halten und einordnen kann, sondern kann auch retraumatisieren.
Aber grundsätzlich zu verbieten darüber zu reden, bis man völlig stabil ist, ist auch keine Lösung.
Es entmündigt. Es spricht der PatientIn ab, dass sie selber in der Lage ist ihre Grenze einzuschätzen und zu fühlen, was hilfreich ist. Wo kennen wir das gleich nochmal her!? Richtig, von den Tätern.
Wir wären heute sicher schon nicht mehr hier, wenn wir in manchen Situationen nicht einfach mal hätten ausdrücken können, was in unserem Kopf ist. Manchmal war es sogar die letzte Rettung, wenn wir völlig instabil und selbstmordgefährdet waren, weil wir dann das Wirrwarr im Kopf mit unserer Therapeutin zusammen wieder etwas ordnen und schlimmeres verhindern konnten. Weil wir darüber begreifen konnten, warum wir gerade wie reagieren und darüber Lösungen gefunden werden konnten. Drum sind wir dafür, dass auch in frühen Phasen der Therapie Erinnerungsinhalte mit einbezogen werden und der sichere Rahmen für das Gespräch darüber gemeinsam gefunden wird und nicht nach Schema „X“. Der stabile Punkt, an dem ein Therapeut das reden über Erinnerungen zulässt, wird sonst eventuell zur unerreichbaren Hürde, weil es ja genau die Erinnerungen sind, die im Hintergrund wirken und instabil machen.
Wir sehen also keinen Sinn für solche Schweigegebote, finden sie im Gegenteil kontraproduktiv. Passiert ist es uns doch auch und im Kopf haben wir es sowieso. Damit müssen wir jeden Tag klar kommen. Nur weil es in der Therapie nicht sichtbar werden darf, wirkt es in uns doch nicht weniger. Zudem sehen wir es für uns auch als unser gutes Recht, über unsere Geschichte zu sprechen, genau so, wie jeder andere, ja auch einfach über die eigene Geschichte sprechen darf.