Die Vertrauensprüfung *triggert*

Knie dich hin mein Kind und schweige.
Schließ die Augen fest und zeige,
dass du auf Gott allein willst bauen,
deine Seele wird vertrauen
und geduldig still ertragen,
was ich tu in seinem Namen.

Öffne Mund und deine Ohren,
denn du bist von Ihm erkoren.
Hier im Kreise unsrer Brüder
hallen deine Schwüre wieder.
Vertrauen, ehren und gehorchen
sollst du mich in deinen Worten.
So sprich und tu nun, was ich sag,
ohne Angst und ohne Frag‘.

Gib dich hin, Kind, und nimm an,
den Segen den ich spenden kann
und der in diesem Ritual
dich würdig macht durch Pein und Qual.

Über deine Haut will streicheln
und deiner Scham mit Küssen schmeicheln,
bevor ich auf dem Rücken liegend
in dich dringe Schwur versiegelnd,
dich zu meinem Eigen mache,
machtvoll schmunzelnd zu dir lache
und du ganz ruhig zu mir sprichst:

„Ich will dich achten und verehren,
dir Frau sein und dein Kind gebären
und über all das werd‘ ich schweigen,
niemandem die Schmerzen zeigen.
Im tiefsten Innern werd ich wahren,
Geheimnisse der Bruderscharen.
Niemals wird mein Mund mehr sprechen,
sonst wird sich mit dem Tode rächen
der Herr und Meister, Seth, die Schlange,
den ich durch dich nun hier empfange.“

Die Folter ging noch etwas weiter,
am Ende war man froh und heiter.
Blind folgte sie und er verlangte,
während sie um ihr Leben bangte.
Alles hat sie ohne Zucken
und ohne weiter aufzumucken
verinnerlicht und übernommen,
die Kindheit hat man ihr genommen,
die Seel‘ stattdessen neu bepflanzt
mit Sektenhorrorarroganz.

Von den individuellen Ideologien hinter der rituellen Gewalt

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Rituelle Gewalt = Satanismus.
Der Eindruck könnte entstehen, wenn man sich die Schilderungen in der Fachliteratur oder auf diversen Internetseiten ansieht. Beschrieben sind so gut wie ausschließlich Rituale oder schwarze Messen im Zusammenhang mit satanistischem Gedankengut. Doch diese Einengung greift zu kurz und schafft neue Probleme.
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Was ist rituelle Gewalt?

Die liebe Alenka hat uns in den Kommentaren zum letzten Beitrag folgende Fragen gestellt:

Was ich mich frage, aber eigentlich nie zu fragen traute, war, worum es bei ritualisierter Gewalt wirklich geht. Geht es überhaupt um Rituale, und wenn ja, was sollen diese bewirken? Sind Rituale nicht lediglich ein Vorwand, um Gewalt ausüben zu können? Ihr müsst mir diese Frage natürlich nicht beantworten. Ich wollte sie nur mal aussprechen, weil sie in meinem Kopf herum spukt. LG!

Auf unserem Blog gibt es grundsätzlich keine Triggerwarnungen. An dieser Stelle wollen wir dennoch darauf aufmerksam machen, beim Lesen dieses Artikels gut auf sich zu achten.
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Ausstieg, Vernetzungen und Religionszugehörigkeiten

In letzter Zeit fällt uns auf, dass immer mehr Menschen mit Dissoziativer Identitätsstörung und selbst angebenem „Ausstiegshintergrund“ öffentlich in irgendwelchen Kirchen, Gruppen oder Sekten aktiv sind. Angeblich unabhängig von ihrer Geschichte. Als etwas neues, harmloses das Sinn gibt.

Wir sind selber gläubig.
Mit aller Freiheit.
Ohne jede Kirchenzugehörigkeit, da wir diese aufgrund unserer Erfahrungen für uns ablehnen.
Kirchen – egal wie frei man ein und austreten kann – sind immer Machtstrukturen.
Kirchen haben mit Glauben nichts zu tun.

Glaube kann heilen und heilsam sein. Er kann halt und Sinn geben. Das belegen auch neuere Studien, allerdings nur dann, wenn er wirklich völlig frei ist und von positiven Vorstellungen geprägt ist. So konnte auch nachgewiesen werden, dass negative Glaubensvorstellungen, wie etwa ein strafender Gott oder eine leidgeprägte Gesellschaftsstruktur, die Heilung behindern.

Wir finden es völlig legitim und wichtig die „Glaubensfrage“ nach einem Ausstieg frei zu entscheiden, möchten hier aber folgendes zu bedenken geben, um nicht unbewusst in eine Reinszenierung zu rutschen:
– Was sagt dein Bauch dazu?
– Schau dir das System in das du eintrittst genau an. Tust du es wirklich freiwillig, bzw. wie frei ist das System wirklich?
– Hast du auch mal nach den Negativ-Stimmen dazu gesucht? Nicht alles was man findet muss stimmen. Wichtig ist trotzdem auch diese Seiten in eine Entscheidung mit einzubeziehen. Meistens spiegeln sie zumindest einen wahren Kern.
– Könnte es sein, dass du eintreten willst, weil dir etwas daran bekannt vorkommt oder es irgendetwas oder jemanden in dir dort hinzieht, das/den du vielleicht noch nicht genau kennst, dann warte lieber!
– Trittst du ein, weil dir der Glaube oder die Botschaft gefällt oder weil du dort Halt findest und klare Strukturen?
– Kennst du dort wirklich alles!? Auch die „Chefetagen“ und wie es dort zugeht? Was passiert, wenn du nicht funktionierst?
– Geben die dort aufgestellten Lebensregeln wirklich halt oder schaffen sie dir nur Erleichterung, weil sie dich von deiner eigenen Verantwortung eine Entscheidung zu treffen, wie Leben für dich selbst und zwar nur für dich selbst richtig ist, entbinden? Entscheidungen treffen gehört zur Heilung, auch wenn es schwer ist, das zu lernen. Eine gute Gemeinschaft nimmt dir keine Entscheidungen ab, sie unterstützt dich höchstens deine eigene zu finden OHNE dich zu beeinflussen!
– Wenn du die Gemeinschaft magst – könntest du Sie genau so haben, wenn du nicht beitreten würdest und etwas anderes glaubst?
– Wären die Menschen dann immer noch für dich da? In Freiheit sollte das möglich sein!
– Wird für soziale Dienste oder Hilfe dir gegenüber irgendetwas und wenn es noch so klein ist, als Gegenleistung verlangt? Sollst du Gottesdienste besuchen oder etwas „einfach mal durchlesen“?
– Wie reagieren die Menschen, wenn du Ihnen sagst, dass du sie als Mensch schätzt, aber von ihrer Glaubenssicht nichts hören willst? Normalerweise hat man damit kein Problem und kann das tolerieren.
– Kommen im neuen „Vokabular“ die begriffe Sünde, Schuld und Leid vor? Schuld bindet und macht abhängig. Denn wenn man schuldig ist oder sich so fühlt, muss man etwas tun, um es nicht mehr zu sein. Du bist aber nicht schuld. Nicht früher und auch nicht jetzt. Du kannst höchstens die Verantwortung für manche Dinge übernehmen, aber das ist etwas anderes… Deine Leidensfähigkeit und die Größe deines Leidens entscheidet nicht darüber, wie gläubig du bist oder wie gut du bist! Es darf dir richtig gut gehen, ohne dass du dich dafür schuldig fühlst!
– Gibt es Menschen, die mehr oder weniger zu sagen haben? Wenn man sich auf Augenhöhe begegnet, sagt keiner dem anderen, wie, wo oder wann er etwas zu tun hat, sondern es ist ein gleichberechtigter Austausch. Zählt deine Meinung?
– Kannst du dir alle Zeit der Welt mit deiner Entscheidung dafür oder dagegen lassen?
– Bedenke, dass etwas noch lange nicht ungefährlich ist, nur weil es ganz offen und vielleicht sogar öffentlich kommuniziert wird!
– Denke daran, dass die Gefahr in eine negative Gruppe oder Gemeinschaft verstrickt zu werden, so groß ist, weil das häufig subtil und quasi „beiläufig“ abläuft und es schon zu spät sein kann, wenn man merkt, was hinter dem „sozialen Netzwerk“ steckt!
– Schalte deinen Kopf nicht aus, nur weil mit irgendetwas ein wunder Punkt deiner Seele gelindert wird!
Das waren spontan die Punkte, die uns wichtig erscheinen. Es gibt sicher noch weitere. Eine Sektenchekliste findest du z.B. auch hier. Bereits bei einem „Ja“ ist Vorsicht geboten.

Wenn es um Hilfsorganisationen geht, die nicht selten sogar speziell für Menschen mit Dissoziativer Identitätsstörung eingerichtet sind und du mitbekommst, dass Mitglieder oder sogar Vorstände in einer Kirche, Sekte oder Gemeinschaft sind, sei extrem vorsichtig! Bedenke die Möglichkeit, dass sie unter Umständen leider genau nach dir suchen, weil sie wissen, wie labil und subtil zu beeinflussen multiple Systeme durch ihre Geschichte für deren Zwecke sind. Auch wenn sie sich als selbst von Multipler Persönlichkeitsstörung Betroffene outen heißt das noch lange nichts! Erinnere dich an deine eigenen Erfahrungen. Ein niederes Mitglied hat in der Regel nicht die Möglichkeit eine Sache selbstständig zu leiten und schon gar nicht frei von der dahinterstehenden Gruppierung. Ein höheres Mitglied wäre kein höheres Mitglied, wenn es nicht gut für die Gruppe, Kirche oder Sekte arbeiten würde! Pass auf dich auf, auch wenn die Kirche noch so frei scheint oder die Gruppe noch so harmlos. Freikirchen sind nicht automatisch frei, nur weil das Wort in ihrem Namen vorkommt. Oft werden Gruppen wie z.B. die „Zeugen Jehovas“ in der Gesellschaft mittlerweile als harmloser Verein dargestellt. Das sind sie nicht! Lies berichte von Aussteigern.
Unter dem Gesichtspunkt der Zugehörigkeit von Mitgliedern und Vorständen sehen wir auch Einrichtungen wie etwa den „Bunten Ring“ kritisch und mit Vorsicht. Die Meinung dazu muss sich jeder selbst bilden. Wir kennen die Einrichtung nicht und auch nicht deren Qualität und erlauben uns deshalb keine Einschätzung. Hinterfragen würden wir dennoch.
Es gibt sicher mehr Beispiele von Gruppen, Sekten, Kirchen, Glaubensgemeinschaften und Vereinen, als wir hier aufgeführt haben. Die Nennung zweier Namen soll nicht bedeuten, dass wir explizit und ausschließlich davon sprechen oder sie als besonders schlecht oder kritisch einstufen! Sie dienen nur als ein Beispiel für etwas, das wir persönlich hinterfragen.

Wenn du nicht weißt, wie du dich entscheiden sollst, entscheide dich lieber einmal zu viel dagegen, als einmal zu viel dafür.
Es wäre schade um dich! Du bist so weit gekommen!
Pass auf, dass du nicht vom Regen in die Traufe kommst!

Wir haben für uns entschlossen persönliche Kontakte mit Menschen in irgendwelchen Gemeinschaften die wir nicht durchblicken aus Vorsicht abzulehnen und sind glücklich darüber. Es gibt genug freie Menschen mit denen man Freundschaften und Bekanntschaften pflegen kann.

Dissoziation und Zweifel im Rückblick 2015

Wenn es etwas gibt, was ich letztes Jahr wirklich mit allem was in mit ist verstehen durfte, dann ist es das, dass das alles wirklich wahr ist und passiert ist – Der Missbrauch, die Vergewaltigungen, die Gewalt, die Folter.
Das war allerdings sehr lange ganz anders.
Oft war es nur eine wage Ahnung, dass irgendetwas nicht stimmt. Was? Keine Ahnung. Wenn Bilder da waren, dann waren sie für mich als Alltagsperson so ungreifbar, dass ich meinen Zweifel daran hatte und oft genug darüber nachdachte, warum meine Phantasie jetzt so mit mir durchgeht. Leider war ich trotz aller Bemühungen unfähig das zu stoppen. Mein Körper machte mir komische Gefühle, ließ mich spüren, dass mich jemand anfasste, streichelte oder auf mir lag und lähmte mich manchmal vor Schmerzen, obwohl niemand da war. Ängste. Schmerz der mich innerlich zerfetzte, wenn ich bestimmte Worte hörte. Alles so real… Doch wirklich passiert!?
Gemeinsam ging ich mit unserer Therapeutin und den Innenleuten vor Jahren irgendwann den Weg des Ausstieges. Mal näher an: „Ja, das stimmt!“ Mal näher an: „Alles Phantasie und Lüge!“ Irgendwie fühlte es sich richtig an, diesen Weg zu gehen. Irgendwie war da immer das Gefühl, das in mir noch viel mehr Dinge sind, die ich nicht weiß. Irgendwie spürte ich, dass es Verbesserungen für mich brachte mich darauf einzulassen, mit den Innenpersonen zu reden, mich von bestimmten Menschen fern zu halten, weil dadurch manche Ängste und Symptome gelindert wurden. Ich ging mit. Entlang an meinem Bauchgefühl. Ich war irgendwann draußen. Hatte mein eigenes Leben. Richtig greifbar wurde es in seiner Gänze allerdings nie. Es blieb ein Nebelschleier, der alles auf eine surreale Ebene hob. Manchmal, wenn die Dissoziation sehr stark war, fühlte es sich so an, als würde ich eine Phantasie leben, mit der ich nicht aufhören konnte. Doch egal, wenn sich durch die Behandlung auch die gesundheitlichen Beschwerden positiv beeinflussen ließen.
Letztes Jahr bin ich mit der Bitte nach Innen gestartet, doch bis Ende des Jahres endlich sicher zu wissen, was mir passiert ist, meine Geschichte endlich durchgängig sicher als Realität greifen zu können. Ich begann damit, das anzunehmen und zu fühlen, was ich sicher wusste. Dazu gehörten u.A. teile des Missbrauches, seelische Gewalt, körperliche Gewalt, Alkoholismus im nahen Umfeld,… Ich erlaubte mir diese Dinge zu fühlen, sie als schlimm anzuerkennen. Ich bemühte mich darum die Gedanken „So schlimm ist das nicht!“ möglichst zu lassen und ein „Doch! Für mich war das richtig schlimm!“, dagegen zu setzen. Blicke, scheinbar zufällige Berührungen, Stimmungen im Raum – Sie alle bekamen nun das Gewicht, das sie für mich schon immer hatten, das mir aber systematisch ausgeredet und als normale Harmlosigkeit untergeschoben wurde. Ich fühlte den riesigen Schmerz, die Ängste, die Verzweiflung. So reihte sich ein Puzzleteil an das andere. Der Nebelschleier lüftete sich Stück für Stück.
Heute weiß ich und kann tief in mir spüren:
Es stimmt.
Es ist die Wahrheit!
Ich wurde missbraucht. Ich wurde vergewaltigt. Ich wurde gefoltert. Ich wurde verkauft. Ich wurde von organisierten Täterkreisen und Kulten ausgebeutet. Wir sind Viele.

Ich dachte immer, dass ich keinen Zweifel haben dürfte, wenn es wirklich so gewesen ist. Ich müsste das doch wissen. Ich dachte, dass ich auch sicher wissen müsste, das ich Viele bin, wenn es stimmt. Heute denke ich anders.
Denn „Viele sein“ bedeutet Dissoziation und Dissoziation bedeutet Zweifel.
Dissoziation schafft den Raum etwas dadurch zu überleben, dass es unreal wird, sich nicht mehr greifen lässt und im Nichts verschwindet.
Dissoziation verwischt das Bild und die dazugehörigen Gefühle und zerstreut sie in kleine Puzzlestückchen, die jedes für sich oft wenig Sinn ergeben, weil die Schachtel mit dem Gesamtbild fehlt, die verrät, wo man sie einsetzen muss.
Dissoziation schafft die Ebene von „Phantasie und Traum“, um die Schrecklichkeiten erst später zu enthüllen und Stück für Stück der Verarbeitung zugängig zu machen, wo sonst die Überflutung den Boden unter den Füßen wegziehen würde.
Dissoziation hüllt den tiefen Schmerz in ein watteweiches, wolkiges Tuch, in dem seine Schärfe nur sehr dezent zum Vorschein kommt.
Da und doch nicht da.
Zweifel entstehen durch mangelnde Bewusstheit einer Realität.
Dissoziation bedingt Zweifel gerade zu.
Zweifel bestätigen die Dissoziation und stellen sie nicht in Frage.
Dissoziation ist der Zweifel.
Zweifel, an der eigenen Wahrnehmung, der einen Überleben lässt.

Kleines „Erinnermich“

Der Oktober neigt sich dem Ende zu.
In so manchen Sekten und Gruppierungen ist viel  los und auch für manche AussteigerIn beginnt wohl jetzt wieder eine schwierige Zeit.

An all die Betroffenen wollen wir an dieser Stelle wieder besonders denken.
Wir stellen hier einfach mal eine Kerze auf, um etwas Licht in die Finsternis zu bringen. weihnachtskerze_www-clipart-kiste-de_082
Vielleicht mögt ihr ja auch eine dazustellen. Dann wird’s immer heller.

Wir wünschen euch viel Kraft und die nötige Unterstützung durch schwierige Zeiten!