DDNOS und Programmierung

„Bei DDNOS ist der ANP immer präsent, selbst wenn eine andere Innenperson die Kontrolle über das Verhalten und die Gefühle übernommen hat. Menschen mir DDNOS (die einen Hüllen-ANP haben) können innerlich genau so komplex sein, wie Klienten mit DIS […]. Vieles fällt multiplen Persönlichkeiten mit DDNOS leichter, als solchen mit DIS, da sie keine Amnesie haben und so z.B. nicht feststellen müssen, dass sie sechs mal hintereinander gefrühstückt haben. Doch es fällt Ihnen leichter als DIS-Klienten, irrtümlicherweise davon auszugehen, dass ihre negativen Gefühle durch Situationen in der Gegenwart verursacht werden statt durch ein altes Trauma, das durch etwas in der Gegenwart getriggert worden ist. Und es ist schwieriger für Therapeuten, ihre Multiplizität zu erkennen.“

Alison Miller, Jenseits des Vorstellbaren, Asanger Verlag 2014, S. 62

Die Diagnose einer DDNOS umfasst ein relativ weites Spektrum an dissoziativen Symptomen. Ihr Erscheinungsbild ist deshalb sehr variabel. In manchen Fällen findet sich eine DIS-ähnliche Innenstruktur, die deshalb auch einer ähnlichen Behandlung  bedarf.

Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass sogenannte Programmierungen ausschließlich in multiplen Systemen vorhanden sind. Zu der Programmierung bei DDNOS ist in der Fachliteratur wenig bis nichts zu finden. Dennoch möchten wir hier aus eigenen Erfahrungen darauf hinweisen, dass dies bis zu einem gewissen Grad möglich ist. Auch eine DDNOS mit Hüllen-ANP kann Teil einer Abrichtungsstrategie sein, über die letztlich der Programmierer entscheidet. Dieser wird sein Handeln auf die Ziele abstimmen, für die eine Person benutzt werden soll. Die DDNOS kann dementsprechend alleine oder als Element in einem multiplen System auftauchen, wenn etwa ein Hüllen-ANP mit den zugehörigen EPs vor ein tieferliegendes Innensystem geschaltet wird. Dies verhindert beispielsweise den Zugriff auf tieferes Wissen in der Therapie. Der unwissende Behandler ahnt nichts von der Dimension dahinter. Er agiert lediglich in den äußersten Schichten. Darüber hinaus gibt es weitere Vorteile dieses Vorgehens.

Auch eine DDNOS müsste also auf ihre „Sinnhaftigkeit“ von Täterseite beleuchtet werden. Ein System kann komplexer sein, als es auf den ersten Blick scheint. Manchmal kann auch eine DIS darüber gedeckelt werden und dahinter verborgen liegen.

Dissoziative „Entscheidungsinseln“

Was meinen beruflichen Alltag betrifft schaffe ich es ganz gut schnelle und richtige Entscheidungen, auch im Sinne der Menschen, mit denen ich arbeite, zu treffen.
In anderen Bereichen sieht es da schon ganz anders aus.
Je privater und persönlicher der Bereich wird, in dem ich/wir uns für etwas entscheiden müssen, umso komplizierter und schwieriger wird’s.
Es ist, als wäre jede Innenperson dann eine kleine Entscheidungsinsel, die sich mit Ihren Bedürfnissen, Wünschen und Zielen häufig auch von denen der Anderen unterscheidet.
„Weil viele Anteile für sie als Gesamtpersönlichkeit spezifische Funktionen erfüllen, betrachten sie bestimmte Entscheidungen unter ihrem eigenen unflexiblen Blickwinkel; es ist sogar möglich, dass sie Entscheidungen, die nicht ihr ureigenes Interessengebiet betreffen, für völlig irrelevant halten.“ (Quelle s.h. unten)
Und wie kriege ich das jetzt trotzdem unter einen Hut!?
Entscheidungen können bei uns schon mal länger dauern und für anscheinend ganz normale Tätigkeiten, z.B. ob ich jetzt mit einer lieben Bekannten Kaffee trinken gehe, ist manchmal so viel Zeit vonnöten, um wirklich zu planen, dass schon alleine dafür drei Therapiestunden draufgehen könnten.
Wir wissen, dass wir möglichst schon über die Möglichkeiten und Folgen einer Entscheidung nachdenken sollten, bevor wir unter Zeitdruck sind. Im Alltag kommt’s oft anders.
Ein Schnellboot muss her um zwischen den Entscheidungsinseln Verbindung und damit auch Vermittlung zu schaffen und vor allem auch die schlafenden aus der Hängematte zu schubsen, die wir für die Entscheidung brauchen, die aber selbst davon noch nichts mitbekommen haben.
Es hilft uns manchmal Kriterien und eine Rangordnung dieser zu finden. Was ist uns besonders wichtig, wenn wir uns entscheiden z.B. 1. Sicherheit, 2. Spaß, 3. Bequemlichkeit, 4. Sinnvoll…Danach wiegen wir ab, mit welcher letztendlich getroffenen Entscheidung diese am besten erfüllt sind.
Wichtige Entscheidungen besprechen wir auch mit unserer Freundin oder in der Therapie.
Für uns ist es entlastend in jedem Fall bewusst eine Entscheidung zu treffen, auch wenn die Entscheidung, dann lautet, dass wir gerade keine Entscheidung treffen (können). Es ist immerhin auch eine Entscheidung. Wir fühlen uns damit aktiv und kommen aus unserer Ohnmacht heraus und dem dumpfen Trancegefühl, dass sich dann bei uns einstellt. Die benötigte Entscheidung hat nicht uns im Griff, sondern wir sie.
Wenn wir die Suche nach der Antwort für den Moment aussetzen, können wir uns zu einem späteren Zeitpunkt immer noch damit befassen und wenn es manchmal nur 10 Minuten später sind. In der ein oder anderen Situation hat uns das die Entlastung gebracht, die wir brauchten, um überhaupt wieder in ein Kommunikationsboot von Insel zu Insel steigen zu können.
Es läuft immer noch sehr oft chaotisch und durcheinander und ich träume von der organisierten inneren Konferenz wie im Fachbuch, aber die Strategie zu entschleunigen hat uns schon oft entscheidende Vorteile gebracht.

Quelle: Traumabedingte Dissoziation bewältigen – S.Boon, K. Steele, O. Van der Hart

Wenn Täter auf Unglauben setzen…

„Der Feind rechnet mit dem Unglauben der Welt.“

Elie Wiesel
Überlebender des Holocaust