Körper im Traumaburnout

08C0FA78-FBC0-4570-BC1D-1178DAF75B4AIch erinnere mich noch wie gestern. Dabei ist es nun schon über vier Jahre her. Es geschah an einem Ostersamstag. Das Wetter war traumhaft. Die Sonne schien. Ich stieg ins Auto, um mit meiner Freundin vom Essen nach Hause zu fahren. Die Stimmung war gut. Wir lachten. Mitten auf der Landstraße mit gut 100 Sachen stolperte plötzlich mein Herz. Ich klammerte mich ans Lenkrad. Mir wurde schwarz vor Augen. Im letzten Moment brachte ich den Wagen am Straßenrand zum stehen. Ich bemühte mich bei Bewusstsein zu bleiben und ruhig zu atmen, während mein Herz um sein Leben stolperte. Die Arme wurden Taub. Dann gingen bei mir die Lichter aus.

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Die Suche nach der Quelle

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Es ist ein neblig verschneiter Tag.
Ich mache mich auf, um eine Quelle zu suchen, die unweit von hier entspringen soll. Mehrmals habe ich bereits versucht sie zu finden. Bislang ohne Erfolg. Alles was auf Ihre Existenz hinweist, ist eine Bildtafel, an einer Wegkreuzung. Wenige Meter weiter, verliert sich ihre Spur. Die Beschilderung endet. Zwei einheimische Spaziergänger erklärten mir bei der letzten Wanderung die grobe Richtung. Damit versuche ich nun den Ursprung zu finden.
Nach kurzer Zeit des Laufens steil bergab durch den Wald und über ein Feld höre ich schließlich ein Bächlein plätschern. „Über den Bach drüber und schon sind sie da“, höre ich in Gedanken die alten Auskünfte. Doch dort ist nicht mehr, als eine Wegkreuzung mit widersprüchlichen Beschilderungen. Die eine Tafel zeigt nach links, die andere nach rechts. „Was stimmt denn nun“, denke ich verwirrt. Schließlich entscheide ich mich, für heute einer Richtung zu folgen und bei Bedarf einen neuen Ansatz zu machen, sollte ich mein Ziel nicht erreichen. Irgendwann ist der Wald zu ende und auch der Wanderweg. Quelle sehe ich keine. Ich kehre um.
Zurück an der Kreuzung laufe ich noch ein kurzes Stück in die entgegengesetzte Richtung, in der Hoffnung, doch noch etwas zu entdecken. Dann trete ich erfolglos den Rückweg an.

Während ich einen Fuß vor den anderen setze, denke ich nach.
Die Quelle habe ich nicht gefunden, aber was sagt mir das?ice-3051195_1920
Manchmal gibt es im Leben nur Symptome ohne erkennbare Ursache, genau so, wie die Schilder und der plätschernde Bach das Symptom einer Quelle sind. Den Ursprung wirklich zu finden kann manchmal schwierig sein, selbst wenn man genau weiß, wonach man sucht. Er ist über die Jahre gut versteckt im Dickicht.
Wir Menschen denken oft, es wäre etwas besonders die Gründe für etwas zu kennen oder das würde uns handlungsfähiger in der Gegenwart machen. Nicht selten fangen wir sogar an die eigenen Wahrnehmung zu bezweifeln, wenn wir den Ursprung unseres Handelns und Fühlens nicht sofort erfassen können. Aber ist denn der Fluss weniger da, nur weil ich die Quelle nicht gefunden habe?
Ich bin darüber gelaufen, seinen Spuren gefolgt, habe ihn berührt, mit meinen Händen in das kalte Wasser gefasst und wäre auf den matschigen Wegen mehrfach fast ausgerutscht. Niemals käme ich auf die Idee ihn in seiner Existenz zu negieren, geschweige denn die Quelle.
Mit meinem Leben sieht das anders aus.
Oft bin ich durch den Schlamm gekrochen, durch die Sümpfe meiner Seele gewatet, habe den Atem des Schreckens gerochen, mein Herz vor Schmerzen bersten spüren, Bilder von Qualen zerhämmerten meinen Kopf und schließlich habe ich vor Verzweiflung geweint.
Weshalb?
Die Quelle so vieler Dinge kenne ich nicht, habe nur eine grobe Ahnung, dass sie existiert und aus welchen Wassern sie besteht. Ihre Folgen und Symptome dagegen nehme ich eindrücklich wahr.
Für meine Seele griff hier in der Vergangenheit häufig ein Fluß-Quell-Paradox:
Ist dann vielleicht alles gar nicht passiert? Oder bilde ich mir die Schmerzen gar nur ein? Bin ich Faul? Undankbar?  Verrückt? Gibt es Überhaupt eine Quelle.
Statt die Abspaltung der Quelle zu akzeptieren, wird die gesamte Erfahrung ausradiert. Das widerspricht jedoch einem Naturgesetz.
Das ist in etwa so, als würde ich nach dem Spaziergang sagen, ich war nie in diesem Wald und habe mir den Fluss wahrscheinlich eingebildet, nur weil ich nicht an seinem Ursprung war.

Jeder Fluss hat seine Quelle. Er führt das gleiche Wasser, wie sie. Dabei ist es egal, ob man seinen Ursprung bewusst kennt. In seinem Sein zeigt sich dieser von ganz allein. Es wird Zeit den Symptomen zu vertrauen. Sie beweisen die Existenz der Quelle.
Woraus sonst würde der Bach gespeist?

Kennzeichen Stimmungsschwankung

Wie so oft um diese Uhrzeit liege ich in meinem Bett und lese oder schreibe vor mich hin. Mir geht die Therapiestunde nach. Über ein ganz anderes Thema sind wir darauf gekommen, wie sich das Viele-sein nach außen bemerkbar macht und wie andere Menschen aus dem Umfeld das wahrnehmen könnten. „Manchmal scheint es einfach nur wie extrem schnelle und unerklärliche Stimmungsschwankungen“, sagt Frau Thera neben vielen anderen interessanten Dingen. „Außenstehende wissen ja nicht, dass es keine normale Stimmungsschwankung, sondern eine andere Person ist, mit der sie dann zu tun haben.“ An dem Satz sind wir kleben geblieben.
Ich selbst erlebe mich gar nicht so schwankend. Meine Freunde und Bekannten würden das eventuell anders sehen. Schon im Schreiben höre ich meine beste Freundin sagen: „Doch, das ist krass bei dir!“ und muss schmunzeln. In seltenen Momenten fallen mir die Umbrüche an mir auf. Etwa, wenn ich gerade noch herzhaft lachend plötzlich so traurig werde, dass ich nur noch sterben will und dafür selbst oft nicht mehr als ein erstauntes „Hä!?“ übrig habe. Dann verstehe ich das, was in mir passiert einfach nicht. Bei diesem Beispiel ist der Stimmungsumschwung doch recht extrem. Vielleicht fällt er mir deshalb auf und die vielen Grautöne im Alltag nehme ich nicht war. Immerhin bin ich ja an mich gewöhnt. Die außen wahrnehmbaren Schwankungen variieren aber auch mit der Umgebung. Privat im sicheren Umfeld bricht mittlerweile mehr sichtbar durch, als im beruflichen Kontext. Da bin ich eher damit beschäftigt es innerlich zu händeln.
In den nächsten Tagen werde ich das Phänomen wohl einfach mal beobachten. Aus Interesse ohne viel Gewicht. Stimmungsschwankungen sind derzeit nicht mein größtes Problem.
Meine Gedanken ziehen weiter und erkunden meine Erfahrungen und Erinnerungen damit.
Während ich so an die Stimmungsschwankungen von manchen „Unos“ denke, fühle ich mich plötzlich herrlich normal. Zeit, um mit einem Lächeln auf den Lippen einzuschlafen.