Vom Schmerz wahrer „Lügen“

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„Ein eigenartiger Schmerz durchfährt mich. Alles scheint diffus. Eine einzige Lüge, die sich wie Wahrheit anfühlt und weil sich das alles so wahr anfühlt, ist es irgendwie meine Wahrheit, obwohl es eine Lüge sein muss, denn ich war nicht dabei, aber ich kann es  heute fühlen.“

Dieser Satz aus eigener Feder hat mich heute sehr bewegt. Manchmal fühlt sich der Schmerz für uns genau so an. Der Kopf ist voll von schrecklichen Erinnerungen, die uns aus dem nichts überrollen. Die Dissoziation macht die Welt nebelig und ungreifbar. Der Schrecken von damals wird erneut Realität bis in die kleinste Faser. Gleichzeitig hofft man, dass alles nur ein schlechter Traum gewesen sein mag und klammert sich an den Strohalm, dass sich alles als unwahr herausstellen möge, weil es schier unerträglich ist.

DIS heißt zu akzeptieren, dass das Leben für einen Teil des Selbst an Stationen stattgefunden hat, an die man sich selbst nicht erinnern kann.

Traum vom Trauma

Ich wache auf, weil jemand meine Hand auf sein steifes Geschlechtsteil drückt und sie dort bewegt. Meine Handflächen spüren die Details. Die Augen zu öffnen und damit dem Täter deutlich zu machen, dass ich nicht mehr schlafe, wage ich nicht. Die Szenerie setzt sich fort, bis er irgendwann auf mir liegt. Die Vergewaltigung ist absehbar. Ich halte mich still und scheinschlafend. Die Angst ansonsten umgebracht zu werden, ist zu groß. Im Kopf rasen die Gedanken auf der Suche nach einer Lösung, wie ich entkommen könnte.

Irgendwann wache ich wirklich auf. Der Alptraum lässt mich für den Moment reglos und verwirrt im Bett liegen. Ich blicke mich um. Ich bin allein. Langsam gewinne ich Fassung. Es ist Jahre her.

Heute war es nur ein Traum.
Aber auch mehr als das.
Es ist Erinnerung.

Halbschlaf und traumabedingte Dissoziation sind oft nahezu Todesurteile für jedes Erinnerungsvermögen. Zumindest stimmt das für uns. Wir erklären uns das so: Durch den Schlaf besteht schon vor der Traumasituation kein waches Bewusstsein, mit dem man speichern könnte. Der „Traumcharakter“, den Dissoziation vermittelt, lässt sich nicht oder noch schlechter hinterfragen oder einordnen, wenn man ohnehin gerade „träumt“. Wenn überhaupt etwas blieb, war es oft Verwirrtheit: War ich wach oder hab ich geträumt oder was war das heute Nacht!? Manchmal auch ein komisches Gefühl oder ein ziehender Schmerz im Unterleib, der schnell wegrationalisiert war… Am anderen Morgen wach zu werden und einfach gar nichts mehr zu davon zu wissen, war aber ebenso häufig der Fall. Ein bisschen viel Watte vielleicht, dumpfe unreale Wolke am folgenden Tag. „Irgendetwas ist nicht gut, aber was?“

Meine Erinnerungen an Situationen in denen ich im Schlaf missbraucht wurde, kommen hin und wieder im Traumschlaf zurück. Manchmal nicht eins zu eins, sondern mit anderen Traumelementen vermischt.

Manche Träume sind Träume.
Andere sind Wirklichkeit, die sich im Traum zeigt.
Nicht jeder Traum ist Phantasie, nur weil das Geschehen dem Bewusstsein zu surreal erscheint, um wirklich zu sein.
Träume sind Tore zum Bewusstsein.
Im Schlaf öffnen sich die Schlösser.
Die gequälte Seele kehrt im Traum zurück.

Traumnebelgrauverwirrungsgeflüster

Es ist morgen.
Zartes Grau ziert noch den Himmel.
In meiner Seele ziehen die Nebelschwaden der Nacht langsam zur Seite.
Träume, die verunsichernd versuchen die Realität anzugreifen.
Versuche die Realitäten die im Traum so real verschoben wurden wieder einzusammeln.
„Geht es Ihnen gut?“ „Ist zwischen uns noch alles in Ordnung?“
Inneres Fragen und Seufzen.
Unruhe.
Nervös zitterndes inneres Frösteln.
Angst.

Langsam bekomme ich Hunger.
Kochen – gleich für Mittag.
Doppelter Aufwand lohnt nicht.
Stehen bleiben.
Den Kreislauf laufen lassen…
Gemüse schneiden.
Backen.
Essen.

Der Tag nimmt seinen Lauf.
Mal mehr Sonne.
Mal weniger.

Trauer im unwirklichen Schleier.

Traumnebelgrauverwirrungsgeflüster.
Sonnenstrahlentwirrungsspiel.