Das Trauma der Funktionalität

Wir sitzen in unserem Zimmer. Der Kaffee ist kalt. Auf der Thuje benetzen Wassertropfen die feinen Triebspitzen. Ich blicke durch sie hindurch wie durch Glaskugeln in denen man Weisheit zu finden versucht. Mein Atem stockt immer wieder. Der Körper meldet sich mit einem zarten inneren Vibrieren, das sich bald zu Zittern ausweitet. Alltag. Nichts dabei. Nur ein bisschen funktionieren. Doch es klappt nicht. Der Mandeldino im Kopf schreit Alarm. Ich kann mich nicht einfach übergehen. Heute nicht. Mein Körper schaltet auf Kampf. Der Druck steigt. Traumatisierte Funktionalität nimmt sich Raum.

Weiterlesen

Migränestopp

Es ist Sonntag Nachmittag.
Bereits seit heute Vormittag habe ich starke Migräne.
Angefangen hat alles kurz nach dem Frühstück.
Die Augen gaukelten Lichtblitze vor und selbst die umgehend eingeworfene Schmerztablette, verhinderte nicht die bald dazukommenden heftigen Kopfschmerzen mit Übelkeit.
Nun sitze ich hier am offenen Fenster mit heruntergelassenen Rollläden, weil die Helligkeit des Tages unerträglich ist, ich aber die frische Luft brauche.
In meinem Kopf ist Energiestau und in die Tasten des Computers fließen Worte, die ich kaum sehe, die ich aber dennoch schreiben will.
Im schmerzhaft pochenden Kopf stoßen bittere Wahrheiten gegen die empfindlich gereizten Schmerzsynapsen und lässen mir die Realität unserer Vergangenheit bewusst sein.
Ich wäre so gerne belastbarer.
Die letzten Tage und Wochen waren einfach zu viel.
Ich wollte so gerne nach den Sternen greifen und hab dabei übersehen, dass es für die Folterrealität in mir zu schnell geht.
Dass die Schritte zu Groß sind, weil sie in der Form noch überfordern und Heilung für uns anders aussehen muss.
Ich habe vergessen mich und die anderen mitzunehmen.
Die Migräne bremst und zwingt mich, zu stillen Momenten auf dem Sofa.
Egal, ob ich möchte oder nicht.
Egal, ob heute die Sonne scheint.
Egal, ob ich noch so viel zu erledigen hätte oder nicht…
Sie schmerzt.
Genau wie mein Innerstes.
Es wird Zeit, mir selbst über die Wange zu streicheln, mich in den Arm zu nehmen und mich bei mir selbst und den anderen zu entschuldigen.
„Es tut mir leid, dass ich euch übersehen habe.“

Zeit fürs Zaubern

Ich habe keinen Bock mehr.

Bin zaubern.

 

Quelle: quadrasophics.com

Redetropfen

Die Regentropfen rutschen im Frühlingsgrau die Scheiben hinunter und sammeln auf Ihrem Weg andere Wassertropfen, die ihre Rinngeschwindigkeit sprunghaft beschleunigen. Unten angekommen werden sie zum Regenfensterbrettbächlein, dass Zielsicher auf die Regenrinne zusteuert.
Spaß. Spiel. Naturgesetz.

Durch die wassernassen Scheiben verschwimmt mein Blick und lässt die Häuser der Nachbarschaft unscharf erscheinen.
Im Innen bewegen sich kleinere Innenpersonen müde in den Tag.
Mir ist kalt. Die imaginierte Decke wärmt nicht, drum hole ich mir eine andere. Eine echte. Eine zum Anfassen und begreifen.
Entgegen dem Fluss der Wassertropfen erlebe ich selbst gerade kraftlose Stagnation.
Meine Gefühle sind irgendwo eingefroren und drängen trotzdem mit ihren Eismassen an die Oberfläche.
Die Abschlussprüfungen stehen kurz bevor und ich schleppe mich Mühsam vorwärts, wie der Kämpfer, der kurz vor dem Ziel zusammen gebrochen ist und eigentlich nicht mehr kann.
Der Kopf mag nicht mehr lernen und das Herz nicht mehr schweigen.
Mir ist danach Worte zu finden, für das was uns zugestoßen ist und mit meinem Viele-sein darüber zu sprechen.
Und dann sehe ich in die erschrockenen Gesichter der Menschen, die nicht mal ansatzweise von all dem wissen und trotzdem überfordert sind von der bloßen Andeutung, dass wir Gewalt erlebt haben. Die scheinende Sonnenworte mögen, aber nicht die grauschillernden Redetropfen.
Ich höre ihr mal lautes und mal stummes: „Ich halte das was du erzählst nicht aus.“
Und manchmal frage ich mich, warum verdammt nochmal die sich nicht einfach zusammenreißen können. Schließlich ist es mir passiert und nicht ihnen.
Und ich spüre mein Misstrauen und die Vorsicht denen gegenüber, die mir ein offenes Ohr anbieten, weil ich Angst habe, letztlich doch wieder verlassen zu werden, wenn sie wüssten…
Und dann schreibe ich eine Zeile und lösche sie wieder und schreibe eine neue und lösche sie wieder und dann…
… rinnen mir einfach die Tränen über die Wangen, weil ich das Kind fühle, dass sich so schrecklich einsam fühlt und mit ihm auch ich und so gerne reden würde und einfach nicht mehr schweigen will und die Isolation hasst, in die es gedrängt wird und irgendwie nirgendwo wirklich ankommt.

Die Regentropfen laufen die Scheiben hinunter und meine Tränen tun es Ihnen auf meinen Wangen gleich.
Wo ist der Platz wo wir ganz sein dürfen?

Lernblockaden und Adventsgedanken

Ich bin müde.
Meine Augenlieder wollen sich im gleichen Moment schließen, in dem ich den Deckel des Ordners zuklappe und widerwillig beschließe das Lernen für heute zu beenden, obwohl ich den Stoff nur halbwegs verinnerlicht habe. Für die Prüfung morgen muss es ausreichen.
Der Kopf ist voll…
… nur leider nicht mit schulischen Zahlen, Daten und Fakten.
Dass es nicht nur mir so geht, sondern auch die „ganz normalen“ Mitabsolventen unter dem Lernpensum stöhnen, erleichtert mich etwas. Es wäre also auch ohne meine Geschichte schon schwer, sich durchzubeißen. Ich, meine Reaktionen und die verzweifelte Überforderung sind nicht unnormal, wenn auch teilweise in einem anderen Ausmaß.
„Advent“, denke ich.
„Es ist Advent.“
Auf der einen Seite scheint es nur ein Gedanke zu sein, auf der anderen hallt er in meinem Kopf wieder und wieder, als müsste ich ihn begreifen. Weshalb genau in diesem Moment kann ich nicht fassen. Vielleicht hat er einfach darauf gewartet, dass ich etwas Zeit für Ihn habe.
Ich schaue ihm nach und den Bildern in meinem Kopf von der glücklichen Familie, wie sie im Bilderbuche steht und die Besinnlichkeit des Adventskranzes genießt, weil man das nunmal als guter Christ so macht.
Ich sehe das Flackern der Flammen der Kerzen bis mitten in der Besinnlichkeit die Hölle über uns hereinbricht, weil…
…ja weil man das nunmal als Mitglied einer diversen anderen Gruppierung so macht.
Was bleibt ist die Verwirrung.
Jesus meets Satan.
Und das nicht etwa im Widerspruch.
Zwei Welten, die nicht zusammen passen, ergänzen sich perfekt, bieten doch beide Rechtfertigungen und Erklärungen, warum man sich in einer bestimmten Art und Weise verhalten muss.
Wenn eine nicht ausreicht, um die eigenen Verhaltensweisen, Vorlieben und Perversitäten zu erklären – just mix it!
Dann bekommt selbst das sinnfreiste Sinn und jedes Verhalten findet seine Absolution.
Und die Verwirrung, die dabei bei dem Kind entsteht leistet ihre Dienste.
Zwei getrennte Welten.
Kinderseelen sehen mit ihrem Gefühl und der bloße Verstand sagt ihnen nichts, bis ihnen das Gefühl aberzogen wurde und nur noch die Gedanken der anderen gelten.
Im Denken fallen uns die Augen zu.
Es ist Nacht
und morgen ist Tag.
Es ist schwarz
und weiß.
Innen
und Außen.
Wir sinken in eine andere Welt, die im Traum nur uns gehört.
Stille Zeit.
Im Traum, da sind wir frei.

Valentinstagstränen und Überforderungskämpfe

Valentinstag… hmm, ob das Kuddelmuddel im inneren nun daran lag?
Oder am Stress drumrum?
Oder beides?

Tränenüberströmt rutschten wir am Türrahmen nach unten.
„Ich kann nicht mehr.“
Jetzt war das Handy auch noch kaputt.
Einfach so.
Machte keinen kleinen Mäusemuckser mehr.
Von jetzt auf gleich.
Nachdem zuvor schon der Geschirrspüler und der Laptop den Geist aufgegeben haben.
Wie die Reparaturen bezahlen?
Und was noch viel schlimmer war – Die so wichtigen persönlichen Dinge, die wir von Vertrauten geschickt bekommen haben sind alle unwiderruflich weg. Telefonnummern, Nachrichten, Bilder…
Immerhin war gestern der Mediamarktmitarbeiter nett. Nachdem er einen Systemtotalschaden diagnostiziert hat – das Handy wird sich doch nicht bei uns angesteckt haben!? 😉 – hat er eine gute schnelle Lösung für uns gefunden. Das Handy wurde jetzt eingeschickt, weil ja noch Garantie darauf ist und wir haben eine erschwingliches Ersatzhandy.

Valentinstag…
Hmm…
Bilder.
Versuche sie wegzuschieben.
Vor Liebehelferinvermissschmerz innerlich schreien können und es irgendwann auch äußerlich tun.

Und dann sind da noch die Dinge, die uns sonst so durch den Kopf gehen derzeit…
Diagnostik für Gutachten.
Therapeuten.
Schule und Beruf.
Und einfach nur Leben.

Traumnebelgrauverwirrungsgeflüster

Es ist morgen.
Zartes Grau ziert noch den Himmel.
In meiner Seele ziehen die Nebelschwaden der Nacht langsam zur Seite.
Träume, die verunsichernd versuchen die Realität anzugreifen.
Versuche die Realitäten die im Traum so real verschoben wurden wieder einzusammeln.
„Geht es Ihnen gut?“ „Ist zwischen uns noch alles in Ordnung?“
Inneres Fragen und Seufzen.
Unruhe.
Nervös zitterndes inneres Frösteln.
Angst.

Langsam bekomme ich Hunger.
Kochen – gleich für Mittag.
Doppelter Aufwand lohnt nicht.
Stehen bleiben.
Den Kreislauf laufen lassen…
Gemüse schneiden.
Backen.
Essen.

Der Tag nimmt seinen Lauf.
Mal mehr Sonne.
Mal weniger.

Trauer im unwirklichen Schleier.

Traumnebelgrauverwirrungsgeflüster.
Sonnenstrahlentwirrungsspiel.

Von Flashbackgewittern und Wahrnehmungsverzerrungen…

Seit ein paar Tagen schon immer wieder das Gleiche…
Plötzlich das Gefühl es ist gerade in diesem Moment etwas Furchtbares passiert.
Angst.
Bilder, im verschwommenen Nebelklar, ohne raumzeitliche Einordnung.
Überflutende Gefühle.
Berührungen so nah, dass ich jeden noch so kleinen Windhauch auf meiner Haut spüre.
Ist es nun so oder nicht?
Gerade in der Hölle oder aufblitzender Horror aus alten Zeiten?
Aktuell oder Vergangenheit?

Was ist nun gleich die letzte Stunde passiert?
Doch nicht etwa Zeit verloren!?
Versuche der Orientierung.
Je mehr ich mich bemühe das rauszufinden, umso panischer werde ich und umso weiter entfernt bin ich davon es zu erfahren.
Immer mehr Zeit versinkt vor lauter Stress im Dunkel, bis ich letztendlich gar nichts mehr sicher weiß und im Angst-Stress-Gefühlsgewittertaumel zu ertrinken drohe und im reißenden Bilderwirrwar davon schwimme.

Die Sinne verloren.
Vor sich hinstarren.
Leere.
Überwältigung.
Unansprechbar.
Gefangen in grausamen Realitäten.

Irgendwann gelingt es wie aus dem Nichts ein Stück Land zu greifen und mich daran festzuhalten.
Durchatmen.
Was war das?

Realität?
Phantasie?
Realität?
Erinnerung?
Realität?
Traum?
Realität?

Waberndschwankendes Gedankenklären.
Boden unter die Füße schieben.
Die Sinne wiederfinden.
Körperkrampfverwirrungsschmerzen entspannen.

Es ist vorbei.
Für dieses Mal.

Zum Glück.

Guter Tag? Schlechter Tag?

Es ist warm.
Der zu beginn eher kühle Herbst bündelt seine Kräfte und schafft noch einmal Sommererleben mit Sonne und schwülen 26 Grad.
Der Mond schaut mir heute schon beim Schreiben zu und blinzelt freundlich durch das kleine dreieckige Oberlicht.

In meinem Kopf passiert der Tag revue. Es ist eine Frage, die ich mir gerade Stelle:
„Ja wie war er denn nun, der Tag?“

Es scheint eine leichte Frage, doch so leicht ist sie für mich gar nicht zu beantworten.

Am Morgen begann er mit Vorbereitungen für meine Arbeit.
Etwas Kreatives musste her, das am besten nichts kostet, weil das Budget nicht sonderlich groß ist.
Als die Idee gefunden war ging’s zum Material besorgen und ausprobieren, ob das ganze auch so funktioniert, wie ich mir das vorgestellt habe.
Nach stunden langem Testen und Versuchen und Optimieren, das Fazit:
Es geht. Gott sei Dank!

Ansonsten ein bisschen Eis essen, Kaffee trinken und Fernseh schauen.
Ein bisschen Zwischenwelt.

Ein guter Tag! Oder?!

Die Gefühle nicht sonderlich wahrnehmbar. Scheinbar alles ok.
Doch wissend, dass hinter der freundlich, funktionellen, schön lächelnden Fassade auch noch etwas anderes ist. Kaum spürbar und doch da.
Die Angst, die Trauer, die Wut, die Schuld.
Verzweiflung, Überforderung.

Wieder ein bisschen mehr Erkenntnis, die ins Bewusstsein durchsickert.
Es war furchtbar.
Die ganzen scheinbaren Kleinigkeiten, die mir heute noch den Verstand rauben, wenn sie bewusst werden.

Ein schlimmer Tag! Oder!?

Ein lebendiger Tag.