Imitierte oder falsch positive DIS

Die DeGPT weist in einem Schriftstück auf das Problem der „imitierten“ oder auch „falsch positiven DIS“ hin. Menschen gingen fälschlicher Weise davon aus an einer DIS zu leiden, weil sie durch frei zugängliche Informationen etwa in sozialen Medien auf das Krankheitsbild aufmerksam gemacht wurden oder von nicht ausreichend qualifizierten Fachpersonen falsch diagnostiziert worden wären.

Weiter heißt es: „So zeigen sich in sozialen Medien manchmal Menschen, die vermutlich nicht an einer DIS leiden und ihre angeblichen Anteile offen darstellen. Ein Kernelement der DIS ist jedoch, dass sich Persönlichkeitszustände aufgrund ausgeprägter Scham und Angst möglichst nicht zeigen und erst im Laufe störungsspezifische Therapie zugänglicher werden. In einer qualifizierten professionellen Diagnostik kann eine imitierte DIS identifiziert werden, weil sich deren Symptom-Präsentation von einer echten DIS deutlich unterscheidet.“

Der letzte Satz dürfte auch schon eines der größten Probleme für alle ratsuchenden Patienten sein, die das Gefühl haben, etwas von der Diagnose an sich wiederzuerkennen. Es gibt so gut wie keine ausreichend qualifizierten Therapeuten und Facheinrichtungen, die in der Lage sind saubere Diagnostik zu komplexen Traumafolgestörungen zu betreiben. Gleichzeitig gehe ich davon aus, dass egal ob am Ende „fake“ oder „echte“ DIS ein enormes psychisches Problem bei den Menschen vorliegt, das spezifische therapeutische Hilfe erfordert. Es ist kaum zumutbar mit dem Verdacht, man könnte unter einer so schwerwiegenden Diagnose leiden, alleine gelassen zu werden und über Monate oder gar Jahre im Versorgungssystem auf sich gestellt zu sein. So sehr Patienten mit DIS mit den Teils kuriosen Fakedarstellungen ihrer Erkrankung zu kämpfen haben, so wenig wird man dem her werden, wenn man nicht ausreichend Anlaufstellen schafft und leidende Menschen nur auf den Austausch in dafür unqualifizierten Plattformen zurückgreifen können.

Um weitere Trittbrettfahrer zu vermeiden, ist es aus meiner Sicht wünschenswert, mit der Weitergabe von Informationen zur Ausgestaltung und Innenwelt der Diagnose sparsam und verantwortungsbewusst umzugehen. Mit Vorsicht sind alle allzu schillernden, bunten und farbenfrohen Schilderungen von Innenwelten zu genießen. Die sehr erfahrene Traumapsychologin Gabi Breitenbach sagte dazu, dass sie noch nie einen inneren Anteil oder eine Innenperson getroffen hätte, die mehr beinhaltet habe, als das was in ihrer Funktion zum direkten Überleben in der Vergangenheit notwendig war. Das gilt nicht zuletzt auch für Fabel-, Fantasie- und Tierwesen. Es ist wichtig sich immer wieder daran zu erinnern, dass die dissoziative Abspaltung von Innenpersonen letztlich eine Überlebensleistung ist, bei der unser Körper nicht mehr Ressourcen für die Ausgestaltung verschwendet, als unbedingt notwendig. Die Umweltanforderungen lassen die Innenwelt oft kompliziert genug werden. Für alles weitere ist kein Raum.

Egal, ob Menschen nun selbst über die DIS Diagnose schreiben oder auf der Suche nach der eigenen inneren Wahrheit darauf stoßen: Geht achtsam, verantwortungsbewusst und respektvoll mit den Informationen um! Die beste Recherche im Internet und in Fachbüchern ersetzt keine Diagnose bei einem erfahrenen Spezialisten, auch wenn man danach oft lange und schmerzhaft suchen muss! Wenn du dir selbst noch so sicher bist, die Ursache deines Erlebens zwischen den Zeilen von Betroffenen gefunden zu haben, bitte Betreibe keine öffentliche Aufklärung zur Diagnose, bevor du sie nicht wirklich eindeutig von Fachtherapeuten erhalten hast! Bitte sei so fair und sage das im öffentlichen Austausch einfach dazu. Das macht dich nicht unglaubwürdiger, hilft aber allen einzuordnen wo du stehst und sich selbst ein Bild zu machen, wie sie für sich die Informationen werten wollen. Wir können uns als Betroffene gerade jetzt, in der die Diagnose öffentlich trotz Validität oft so an den Pranger gestellt wird, nicht leisten, dass damit Schindluder betrieben wird!

Quellen: https://www.degpt.de/archiv/upload/DeGPT-Dateien/QA%20Psychotraumatologie_annex2.pdf

4 Kommentare zu “Imitierte oder falsch positive DIS

  1. Ich will zwar die Brisanz dieses Themas keinesfalls in Abrede stellen, aber dennoch das Thema als Nebenschauplatz bezeichnen, einen Teilbereich im Ringen um die Anerkennung von DIS.

    Die Existenz von DIS grundsätzlich zu leugnen auf der Grundlage von Täuschungen oder Fehldiagnosen, ist aus meiner Sicht eine geradezu lächerliche Vorgehensweise.
    Wer diese Elle anlegt, muss dann auch folgern, dass Herzinfarkte grundsätzlich nicht existieren, weil sie aus unlauteren Motiven vorgetäuscht oder in gutem Glauben vom Patienten befürchtet wurden. Wer würde ernsthaft die These ableiten und vertreten, weil relativ häufig Menschen vorgeben, schwerste Straftaten begangen zu haben, existierten Mord, Totschlag, Vergewaltigung nicht?

    Letztlich ist das Ringen um die Anerkennung von DIS ein natürlicher Vorgang. Ich denke beispielsweise an das Ringen, ob die NPS im aktuellen ICD erwähnt werden sollte oder nicht. Oder das nie zum Stillstand gekommene Ringen in und außerhalb der Psychoanalytischen Bewegung zum Thema Kindesmißbrauch.

    Diese Überlegungen mindern gewiß keinesfalls die Härten für diejenigen, die sich für die Etablierung von DIS einsetzen, sind aber eventuell als Krücke geeignet, die davor bewahrt, sich in diesem Kampf zu zerreiben.

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