Rapid Switching und Morgenstress

Mit dem Spülschwamm reibe ich aufgeregt in der Pfanne. Meine Zunge kribbelt leicht. Das Wasser schwappt aus dem Hahn und mir über die Hände – erst kalt, dann viel zu heiß. Im Gesicht brennt der Sonnenbrand. Ich will Frühstücken. Etwas warmes in den Bauch. Mein ganzes Sein ist schon am Morgen so angespannt, dass ich das Mobiliar zertrümmern könnte. Sprunghaft wechsle ich die Tätigkeiten, lasse wie aus dem nichts die Pfanne stehen, buddle im Blumenkasten, tippe ein paar Worte und kehre dann wieder in die Küche zurück. Die eine Hand weiß nicht was die andere tut und schon im tun vergesse ich, dass ich es getan habe. Ich presse die Hände seitlich gegen den Kopf und schiebe sie mit krallig gebogenen Fingern unter den Haaren über die Schläfe nach oben. „Es ist zum Mäusemelken!“ Uff. Aus dem Balkonkasten lächelt mir die versteinerte Elfe entgegen. Ein bisschen mehr Leichtigkeit wäre schön!

Ich versuche mich krampfhaft zu strukturieren, mich innerlich etwas zurück zu nehmen und ganz in Ruhe eins nach dem anderen zu erledigen. Je mehr ich mich darum bemühe, umso schlimmer werden allerdings die dissoziativen Sprünge. Soll ich mich geschlagen geben? Ich sehe mich Blaubeeren kauen und Chips vernichten. Atmen. Doch es hilft nicht. Ich zähle die Pflanzen auf meinem Balkon und ordne Blumenkästen nach Farben. Über meinen Puls lasse ich kühles Wasser laufen. Der Nebel wird zunehmend dicker. Die Innenkommunikation läuft nur noch in kurzen und für mich unverständlichen Satzfetzen ab. Kaum bin ich da, bin ich auch schon wieder weg und wieder da und wieder weg… Weshalb dieser Aufruhr? Irgendwie habe ich nur das Gefühl, die Antwort geht mich nichts an. Ein Körper – aber das Wissen um die Hintergründe seiner Reaktionen ist nicht für jeden Bewohner gleichermaßen bestimmt.

Mir steigen Düfte in die Nase, die im Außen aktuell nicht da sein können. Flashbacks also – aber woran? Das ist auch so eine unverschämte Traumalogik, dass man sich erinnert, aber nicht weiß an was. Mir als großhirnnahe Alltagsperson fält es umso schwerer damit umzugehen, weil mein Logikgehirn immer nach Erklärungen verlangt, um den Fuß in die Tür zu kriegen. Genau die habe ich aber in Momenten wie diesen so gut wie nie. Zwischenzeitlich wird die Spannung so stark, dass ich nur noch mit dem Kopf gegen die Wand schlagen möchte. Raus in die Sonne. Das Licht schmerzt mit seiner Strahlkraft auf der Haut. Schatten. Irgendwie ist heute nichts richtig.

Ich werde mich jetzt in den Liegestuhl verkriechen, meinem inneren Ärger luft machen, ohne zu wissen worauf er sich bezieht und anschließend sehen, was sich aus dem Tag noch so machen lässt.

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20 Kommentare zu “Rapid Switching und Morgenstress

  1. Ja ja ja ja, vor allem bei folgenden Zeilen: „Das ist auch so eine unverschämte Traumalogik, dass man sich erinnert, aber nicht weiß an was. Mir als großhirnnahe Alltagsperson fält es umso schwerer damit umzugehen, weil mein Logikgehirn immer nach Erklärungen verlangt“… Danke dass ihr immer wieder in Worte fasst, was euch bewegt und so auch uns Worte gebt…

  2. Oh je! Ein bisschen mehr Leichtigkeit reicht da wohl nicht!

    Ich mag gern nochmal dalassen, dass ich in solchen Momenten feststellen muss, dass ich was ich zu erledigen habe, sowieso nicht zu Ende kriege und dann versuche, zu aufzulisten, was „ich“ angefangen habe. Wie um im Rückblick anzukommen bei dem, womit „ich“ mich beschäftigt habe.

    Viel Kraft euch! und … resignieren ist auch erlaubt, Tränen sind auch erlaubt in solchen Momenten! Sie bedeuten keine Schwäche, sie bedeuten Stärke!
    Stärke im Annehmen

  3. Ähm, das mit den Tränen war so gemeint, dass ich oft, wenn ich so unter Anspannung steh, wie du das grad geschildert hast, im nachhinein gemerkt habe, dass Tränen eigentlich bis Oberkante standen, die einige hier versucht haben unter Kontrolle zu halten.
    😉

    • Haben wir verstanden, aber danke für’s nochmal erklären. 😊 Ich glaube so ist es hier auch, nur weinen kann ich dann leider meistens gar nicht mehr, auch wenn ich es noch so sehr wollen würde. irgendwie steckt das so…

      • Oh das war bei uns ewig und ewig genau so, dass das Weinen überhaupt nicht ging, dass es förmlich steckenblieb.
        Doch eines Tages kam bei uns da etwas in Bewegung, bzw. kam die Wendung dadurch, dass wir anfingen, darüber zu weinen, dass wir nicht weinen können.
        Klingt paradox, nicht? Hat aber funktioniert und auch später immer wieder auch geholfen, uns da eine Brücke hin zu bauen. 😉 Eine gute Nacht euch !

  4. ….und ich dachte es läuft nur bei mir so ab. Ich versuche mich auch immer wieder zu verankern, zu re-orientieren…Aber umso stärker ich es versuche umso dicker der Nebel…. . Vielen Dank für deine Offenheit. Bleibt stark!

      • Ja, es ist ein kleiner Trost zu wissen, dass man nicht alleine damit ist. Auch wenn es gleichzeitig grausam ist zu wissen, dass es Andere auch „erwischt“ hat und angetan wurde. Aber, ich finde – ein von der Seele hinunter schreiben – sehr wichtig und hilfreich. Denn Druck, verlangt nach AUSdruck.

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